Marie Graßhoff: Hard Liquor – Der Geschmack der Nacht [Rezension]

Cover © Lübbe

Buchinformationen

TitelHard Liquor – Der Geschmack der Nacht
Band1 von 4
AutorMarie Graßhoff
VerlagLübbe Belletristik
Übersetzung
ISBN978-3-404-18510-8
Seitenzahl525
GenreUrban Fantasy, Romantasy
Bewertung2 von 5 Sterne

Klappentext

Tycho ist als Nachfahrin alter Götter übermenschlich stark. Besonders, wenn sie Alkohol trinkt. Nicht schlecht, um sich als Barkeeperin in New York gegen zwielichtige Typen zu behaupten. Doch auch nicht ohne Schattenseiten. Damit niemand jemals hinter ihr Geheimnis kommt, muss sie selbst ihren besten Freund Logan auf Abstand halten. Dann taucht auf einmal die attraktive Grayson in ihrem Leben auf, und Tycho hat zum ersten Mal das Gefühl, sich jemandem öffnen zu können. Aber Grayson hat ihr nicht die ganze Wahrheit erzählt. Und als kurz darauf eine Sekte hinter Tycho her ist, um ihre Kräfte für sich zu beanspruchen, weiß sie nicht, wem sie vertrauen kann …

Meine Meinung

Marie Graßhoffs Roman „Hard Liquor – Der Geschmack der Nacht“ entführt uns in eine Welt, in der Alkohol nicht nur ein Rauschmittel, sondern auch ein Katalysator für übermenschliche Kräfte ist. Die Protagonistin Tycho, eine Nachfahrin alter Götter, findet in der Dunkelheit der Nacht und im berauschenden Geschmack des Wodkas eine Zuflucht vor ihrer zerrissenen Existenz. Doch was auf den ersten Blick wie eine spannende Urban Fantasy erscheint, offenbart bei genauerer Betrachtung auch zahlreiche Schwächen.

Marie Graßhoffs Schreibstil zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Leichtigkeit und Lesbarkeit aus, die es dem Leser ermöglicht, sich mühelos in den Fluss der Erzählung einzufinden. Jedoch neigt sie an einigen Stellen zu einer gewissen Weitschweifigkeit, die das Tempo der Geschichte drosselt und den Leser aus dem Rhythmus bringen kann.

Die Handlung von „Hard Liquor“ ist geprägt von dunklen Machenschaften und einer verzweifelten Suche nach Zugehörigkeit. Allerdings leidet die Erzählung unter Längen und einer gewissen Orientierungslosigkeit. Vor allem in der ersten Hälfte des Buches scheint die Geschichte ziellos zu verlaufen, sie entwickelt sich träge und hinterlässt zahlreiche unbeantwortete Fragen. Im weiteren Verlauf werden zwar einige Aspekte aufgeklärt, jedoch wirkt die Verknüpfung der Ereignisse oft logisch inkonsistent, und die Handlung inklusive ihrer Wendepunkte gestaltet sich vorhersehbar. Zusätzlich wirkten einige Szenen, die unmittelbar aufeinander folgten, emotional widersprüchlich und schienen in ihrem Kontext nicht stimmig zu sein. Zumindest das bisschen Handlung, das es überhaupt gibt. Eigentlich geht es den Großteil der Zeit nur von einem Exzess zum Nächsten, egal, ob Alkohol oder körperliche Gefälligkeiten und ohne, dass sich für Tycho etwas ändert.

Tycho ist generell ein problematischer Charakter. Sie hätte cool sein können, stattdessen ist sie ein unreflektiertes Pick-me-Girl, das sich von Anfang bis Ende einfach nicht weiterentwickelt. Wie auch? Selbst ein Goldfisch besitzt mehr Selbstreflektion. Sie heult ständig darüber herum, dass immer schlimme Dinge passieren, wenn sie Alkohol trinkt und macht es trotzdem immer wieder. Keine Einsicht, dass sie vielleicht etwas ändern sollte. Und ihr exzessiver Alkoholkonsum wird im Buch teilweise sogar noch glorifiziert. Als Leser empfand ich es als offenkundig, dass die Protagonistin bestimmte Zusammenhänge aufgrund ihrer prägenden Vergangenheit und zentralen Erinnerungen hätte erkennen müssen. Dieses Versäumnis ihrerseits war letztendlich das, was mich am meisten an ihr nervte.

Die Liebesgeschichte zwischen Tycho und Grayson, die einen beträchtlichen Teil der Handlung beansprucht, wirkt trotz ihrer zentralen Bedeutung für die Geschichte erstaunlich substanzlos. Die Beziehung der beiden Charaktere scheint an der Oberfläche zu verharren, ohne die Tiefe und Komplexität zu erreichen, die man von einer so prominent platzierten Romanze erwarten würde. Die emotionale Verbindung, die ein solches narratives Gewicht tragen sollte, wurde hier scheinbar nicht vollständig ausgearbeitet.

Marie Graßhoffs „Hard Liquor – Der Geschmack der Nacht“ ist ein mutiger Versuch, Themen wie Selbstbestimmung und den Umgang mit inneren Dämonen in einem urban-fantastischen Setting zu erkunden. Die Mischung aus göttlichen Fähigkeiten, brutalen Kämpfen und der Gier nach Blut und Verderben ist fesselnd, doch die Handlungsführung lässt zuweilen zu wünschen übrig. Nur zu empfehlen, wenn man reinen Exzess gerne mag.

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