Hannah Whitten: The Nightshade God [Rezension]

Cover © Blanvalet

Buchinformationen

TitelThe Nightshade God – Ein Hauch von Gift
Band3 von 3
AutorHannah Whitten
VerlagBlanvalet
ÜbersetzungSimon Weinert
ISBN978-3-7341-6429-3
Seitenzahl592
GenreHigh Fantasy, Dark Fantasy, Romantasy
Bewertung4,5 von 5 Sterne

Klappentext

Lores Anstrengungen sind gescheitert: König Bastian erlag der finsteren Stimme der Gottheit, die seinen Verstand vergiftete, sie selbst musste ihre Heimat verlassen. Im Exil setzt sie alles ein, was ihre Vergangenheit sie gelehrt hat, um jene, die sie liebt, aus den Klauen der dunklen Macht zu befreien. Lore fasst den riskanten Plan, die verstreuten Teile eines Artefakts – angeblich die Quelle der göttlichen Kraft – zu finden und wieder zusammenzufügen. Nur so kann der zerstörerische Einfluss der Götter auf das Land beendet werden. Doch wer sich einem Gott in den Weg stellt, braucht mächtige Verbündete …

Meine Meinung

Mit „The Nightshade God – Ein Hauch von Gift“ präsentiert Hannah Whitten den Abschluss ihrer Nightshade-Crown-Trilogie – und was für ein Finale das ist! Nach den emotionalen und düsteren Ereignissen des zweiten Bandes war klar, dass der dritte Teil keine leichte Aufgabe vor sich haben würde. Whitten schafft es, die Fäden der komplexen Handlung zusammenzuführen, ohne dabei in überstürztes Actionfinale oder reine Fanservice-Momente zu verfallen. Stattdessen nimmt sie sich Zeit – viel Zeit.

Im Vergleich zu den ersten beiden Bänden – und überhaupt zu vielen typischen Abschlussbänden – wirkt das Tempo dieses Romans deutlich langsamer. Anfangs mag das etwas ungewohnt sein, denn Leser, die auf ein rasantes Ende hoffen, müssen Geduld mitbringen. Doch genau darin liegt auch die Stärke des Buches: Whitten lässt ihre Figuren atmen, trauern, heilen und wachsen. Nach den erschütternden Ereignissen des zweiten Bandes wäre ein überhasteter Einstieg schlicht unpassend gewesen. Der Weg zum eigentlichen Höhepunkt zieht sich, ja – aber er fühlt sich sinnvoll an, emotional gerechtfertigt und literarisch durchdacht.

Einer der größten Pluspunkte dieses Finales liegt ohne Zweifel in der Entwicklung der Dreiecksbeziehung, die sich über die gesamte Trilogie hinweg aufgebaut hat. Was in vielen Romantasyreihen schnell zum abgenutzten Klischee verkommt – zwei Rivalen, eine zerrissene Hauptfigur, Eifersucht und Entscheidungsdruck –, wird bei Whitten auf berührend ungewöhnliche Weise neu gedacht. Statt Konkurrenz und Besitzdenken entfaltet sich hier eine polyamore Verbindung, die von gegenseitigem Respekt, tiefem Vertrauen und kompromissloser Zuneigung getragen wird. Whitten zeichnet keine Liebesgeschichte, in der jemand verliert, sondern eine, in der alle drei gewinnen, weil sie sich gegenseitig verstehen, annehmen und aufrichtig lieben. Ihre Bindung wirkt organisch, gewachsen aus Schmerz, geteilten Traumata und gemeinsamen Triumphen – kein impulsives Begehren, sondern eine reife, vielschichtige Liebe, die nicht in Schubladen passt. Jeder von ihnen liebt nicht nur die anderen, sondern das Geflecht, das sie zusammen bilden. Diese außergewöhnliche Dynamik verleiht dem Buch eine emotionale Tiefe, die weit über Genregrenzen hinausreicht. Sie erinnert daran, dass Liebe nicht immer in klaren Linien verläuft, dass sie fließend, wandelbar und oft größer ist, als gesellschaftliche Erwartungen es zulassen. Whitten zeigt, dass Liebe in Geschichten – wie im Leben selbst – mehr sein kann als Besitz, Eifersucht oder romantische Erfüllung: Sie kann Vertrauen, Freiheit und gegenseitige Akzeptanz bedeuten.

Während man beim Lesen unweigerlich auf ein großes, kathartisches Finale zusteuert – vielleicht ein dramatisches Opfer, vielleicht einen triumphalen Sieg über das Dunkel –, schlägt Whitten im letzten Drittel des Buches einen völlig anderen, beinahe stillen Ton an. Das Ende ist nicht laut, nicht heroisch, nicht eindeutig glücklich, und doch liegt in dieser Zurückhaltung eine erstaunliche Kraft. Es ist kein klassisches Happy End, aber auch kein bitteres Scheitern, sondern etwas Dazwischen – ein feines Gleichgewicht aus Verlust und Hoffnung, Abschied und Neuanfang. Whitten verzichtet bewusst auf spektakuläre Wendungen zugunsten eines Abschlusses, der authentisch, melancholisch und menschlich wirkt. Dieses Ende fühlt sich nicht inszeniert an, sondern wie das logische, ehrliche Resultat all dessen, was die Figuren durchlebt haben. Es ist ein leises Innehalten nach all dem Schmerz, ein Atemzug zwischen Dunkelheit und Licht.
Doch gerade diese Entscheidung kann die Lesenden spalten: Wer auf ein großes Feuerwerk hofft, könnte zunächst enttäuscht sein. Doch im Rückblick zeigt sich, wie stimmig dieser Ausgang ist – ein Schlusspunkt, der nicht blenden will, sondern nachhallt. Er fügt sich perfekt in die melancholisch-reife Atmosphäre der gesamten Trilogie ein und lässt einen mit einem Gefühl zurück, das schwer in Worte zu fassen ist: bittersüß, aber rund.

„The Nightshade God – Ein Hauch von Gift“ ist vielleicht minimal schwächer als seine beiden Vorgänger, doch als Abschluss funktioniert er hervorragend. Das langsame Tempo, das zu Beginn etwas Geduld verlangt, zahlt sich am Ende in emotionaler Tiefe und Charakterstärke aus. Hannah Whitten beweist einmal mehr, dass sie komplexe Figuren, poetische Sprache und dichte, dunkle Welten meisterhaft beherrscht.

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