Brandon Sanderson: Die Splitter der Macht [Rezension]

Cover © Heyne

Buchinformationen

TitelDie Splitter der Macht
Band6 von 10
AutorBrandon Sanderson
VerlagHeyne
ÜbersetzungMichael Siefener
ISBN978-3-453-27039-8
Seitenzahl1120
GenreHigh Fantasy
Bewertung5 von 5 Sterne

Klappentext

Hoch in den Bergen liegt die sagenumwobene Stadt Urithiru, erreichbar nur über die zwölf Eidtore. Hier versucht die junge Edelfrau Schallan Davar die Geheimnisse der uralten Ordensgemeinschaften zu entschlüsseln, die sich einst die Strahlenden Ritter nannten. Nur mit ihrer Hilfe können die Eidtore benutzt werden, und nur ihre Splitterklingen verleihen den Strahlenden übermenschliche Fähigkeiten. Aber wer waren sie wirklich, und warum wurden sie einst aufgelöst? Während Schallan nach Antworten sucht, die bei der Neugründung der Orden helfen können, begreift Fürst Dalinar, dass seine Vision, die Fürsten des Königreichs Alethkar wieder zu versöhnen, noch viel zu klein gedacht war. Nicht nur die Alethi, sondern alle Völker müssen vereint werden, denn es droht die alles verheerende Wüstwerdung und damit das Ende von ganz Roschar. Doch ein finsterer Schatten liegt auf dieser Hoffnung – Fürst Dalinars eigene, blutbefleckte Vergangenheit …

Meine Meinung

„Die Splitter der Macht“ von Brandon Sanderson ist ein Werk, das von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann zieht und kaum Luft zum Durchatmen lässt. Schon beim Aufschlagen spürt man, dass man hier nicht einfach ein weiteres Kapitel, sondern ein echtes Herzstück der Sturmlicht-Chroniken in den Händen hält. Es ist der sechste Band der Reihe – zumindest nach deutscher Zählung – denn wie viele Fans wissen, ist „Oathbringer“, der dritte Originalband, so monumental ausgefallen, dass er im Deutschen in zwei Teile zerlegt wurde: „Der Ruf der Klingen“ und eben „Die Splitter der Macht“. Was im ersten Teil noch wie das ruhige Einatmen vor einem Sturm wirkte, entfaltet sich hier nun mit voller Wucht. Sanderson lässt in diesem zweiten Abschnitt all seine erzählerische Meisterschaft aufblitzen: packend, dynamisch, emotional überwältigend. Aus dem eher gemächlichen Aufbau von „Der Ruf der Klingen“ wächst ein Feuerwerk an Spannung und Dramatik, das eindrucksvoll vor Augen führt, warum diese Reihe längst zu den modernen Klassikern der Fantasy gezählt werden darf.

Trotz der immensen Länge – immerhin handelt es sich um den bislang umfangreichsten Teil der gesamten Reihe – hat man nie das Gefühl, dass die Handlung ins Stocken gerät oder gar ermüdend wirkt. Im Gegenteil: Wo „Der Ruf der Klingen“ noch etwas Anlauf nahm, entfaltet „Die Splitter der Macht“ ein erzählerisches Tempo, das einen förmlich mitreißt. Ereignis reiht sich an Ereignis, Pläne geraten ins Wanken, Schicksale prallen aufeinander, und plötzlich überschlägt sich alles, als wäre man mitten in einem Sturm gefangen, dem es unmöglich ist zu entkommen. Dieses Gefühl, kaum Schritt halten zu können, macht den besonderen Reiz des Buches aus.

Es wird turbulent, chaotisch, aufwühlend – und doch wirkt alles stimmig und meisterhaft komponiert. Die Wendungen treffen einen unvorbereitet, brechen Erwartungen auf und halten den Spannungsbogen unermüdlich gespannt. Gerade dieses Unvorhersehbare macht die Lektüre so packend: Man verliert sich in der Geschichte, fühlt jede Emotion, fiebert mit den Helden, jubelt bei ihren kleinen Triumphen – und spürt fast körperlich den Schmerz, wenn sie scheitern oder mit bitteren Entscheidungen ringen. Es ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die einen selbst nach dem Zuklappen des Buches noch lange nicht loslässt.

Ein weiterer Glanzpunkt dieses Bandes liegt in der Art und Weise, wie Sanderson die Welt von Roschar erweitert und vertieft. Schon bisher war die Welt der Sturmlicht-Chroniken reich an Details, Kulturen und Mysterien, doch in „Die Splitter der Macht“ öffnet sich erneut ein Vorhang, hinter dem noch mehr Geheimnisse und faszinierende Schauplätze warten. Besonders eindrucksvoll ist dabei der Blick in Schadesmar, das Reich der Sprengsel. Plötzlich verschiebt sich die Perspektive: Was bisher wie ein fernes, nebulöses Konzept wirkte, erhält nun greifbare Form, eigene Regeln und eine ganz eigene Atmosphäre.

Das Eintreten in Schadesmar fühlt sich an, als betrete man eine verzerrte Spiegelwelt – vertraut und doch gänzlich fremd, voller bizarrer Landschaften und eigenwilliger Sprengsel. Schadesmar fesselt nicht nur optisch, sondern schärft auch das Verständnis von Magie, Macht und Wirklichkeit nachhaltig. Gleichzeitig führt Sanderson die Leser in weitere neue Regionen Roschars, erweitert den Horizont der Erzählung und gibt immer wieder Einblicke, die das Gesamtbild größer, komplexer und noch spannender machen. Dieses ständige Entdecken und Erweitern sorgt dafür, dass die Reihe nie zum Stillstand kommt, sondern mit jedem Band neue Facetten enthüllt und die Neugier unermüdlich nährt.

Alles in allem ist „Die Splitter der Macht“ ein weiterer Meilenstein in Brandon Sandersons gewaltigem Epos. Dieses Buch zeigt eindrucksvoll, wie meisterhaft der Autor Spannung, Emotion und Worldbuilding miteinander verknüpft. Es ist nicht nur die schiere Größe des Romans, die beeindruckt, sondern vor allem die Tatsache, dass Sanderson jede Seite mit Leben, Dramatik und Bedeutung füllt. Kein Kapitel wirkt überflüssig, keine Wendung beliebig – stattdessen entfaltet sich eine Geschichte, die packender, überraschender und berührender kaum sein könnte.

„Die Splitter der Macht“ ist der beste Beweis dafür, dass epische Fantasy nicht nur groß, sondern auch großartig sein kann. Für Fans des Genres führt an dieser Buchreihe kein Weg vorbei – und für alle, die sich sonst noch fragen, ob sich der Einstieg in diese monumentale Reihe lohnt, ist die Antwort: Ja, unbedingt.

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