Ava Reed: Witches of Deadly Sins [Rezension]

Cover © Penguin

Buchinformationen

TitelWitches of Deadly Sins
Band1 von 2
AutorAva Reed
VerlagPenguin
Übersetzung
ISBN978-3-328-60430-3
Seitenzahl448
GenreUrban Romantasy
Bewertung4 von 5 Sterne

Klappentext

Nie wollte Sasha nach Amsterdam zurückkehren. Sie schätzt ihr Leben fernab von uralten Verschwörungen und dem hiesigen Hexenrat. Doch als sie eine erschütternde Nachricht erhält, bleibt ihr keine Wahl. Widerwillig schließt sie einen Deal: Ein Jahr lang hilft sie bei der fieberhaften Suche nach Pandoras Büchse – dafür erhält sie die Freiheit, ein unabhängiges Leben zu führen. Das mächtige Artefakt, das seit Jahrtausenden verschollen ist, birgt die Macht, das entfesselte Unheil der Welt zu bannen. Als Sasha mit ihren Nachforschungen beginnt, geschehen seltsame Dinge, und plötzlich steht auch noch ein Alchemist vor ihrer Tür, mit einer Anziehungskraft, der sich Sasha kaum entziehen kann. Er bietet an, ihr zu helfen. Aber kann sie ihm wirklich vertrauen? Mehr noch: Kann sie sich selbst trauen?

Meine Meinung

Mit „Witches of Deadly Sins“ eröffnet Ava Reed eine Dilogie, die ihre Leser nicht nur nach Amsterdam entführt, sondern ihnen die Stadt von einer völlig neuen, geheimnisvollen Seite zeigt. Wer die schmalen Gassen, die alten Brücken und die spiegelnden Grachten kennt, wird sofort das Gefühl haben, wieder dort zu sein – und doch wirkt alles ein wenig anders, geheimnisumwoben, fast so, als würde sich hinter jeder Straßenecke ein verborgenes Tor in eine andere Welt auftun. Von der ersten Seite an legt sich eine besondere Stimmung über die Geschichte: das lebendige Flair der Stadt verschmilzt mit einer düsteren, mystischen Dimension, in der Hexen ihre Kräfte wirken lassen, uralte Mythen wieder zum Leben erwachen und jeder Schatten ein Geheimnis zu verbergen scheint. Amsterdam wird so zur perfekten Kulisse für eine Geschichte, die gleichermaßen von Magie, Gefahr und Rätseln durchzogen ist.

Im Zentrum der Geschichte steht Sasha, eine junge Hexe, die nach Jahren im Exil in ihre alte Welt zurückkehrt – und damit unweigerlich die Tür zu längst verdrängten Konflikten aufstößt. Kaum wieder daheim, wird sie in die gefährliche Suche nach der Büchse der Pandora hineingezogen. Doch nicht aus freien Stücken: Ein Abkommen legt ihr Fesseln an, die zugleich ein verlockendes Versprechen bergen – wahre Freiheit, wenn sie sich ein Jahr lang an der Mission beteiligt. Dieses Dilemma macht ihre Rolle so spannend, denn Sasha bewegt sich stets auf einem schmalen Grat zwischen Pflicht und Eigeninteresse. Ihre rebellische Ader lässt sie selten den einfachen Weg wählen, während ihre verletzliche Seite dafür sorgt, dass man ihre inneren Kämpfe nachvollziehen kann. Sie ist keine makellose Heldin, sondern eine Figur voller Widersprüche – und gerade das macht sie nahbar. Auch wenn sie mit impulsiven Entscheidungen manchmal aneckt, begleitet man sie doch gerne, weil man spürt: Hinter all dem Trotz steckt eine große Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Selbstbestimmung.

Eine Besonderheit ist die ungewöhnliche Verbindung von Hexerei mit der griechischen Mythologie. Anstatt auf ausgelatschten Pfaden der Fantasy zu wandeln, verknüpft Ava Reed bekannte Kreaturen wie Vampire, Gnome oder andere Wesenheiten mit einer uralten Legende: Sie alle existieren nicht von Natur aus, sondern sind das Ergebnis eines einzigen, verhängnisvollen Moments – der Öffnung der Büchse der Pandora. Dieser kunstvolle Kniff verleiht dem gesamten Worldbuilding eine erfrischend neue Dimension. Plötzlich ist klar, dass all die Gefahren, die in dieser magischen Realität lauern, auf einen gemeinsamen Ursprung zurückzuführen sind. Damit wird auch die Mission der Hexen zu etwas Größerem: Sie suchen nicht nur nach einem mächtigen Artefakt, sondern nach einer Möglichkeit, das Gleichgewicht der Welt wiederherzustellen und das entfesselte Chaos rückgängig zu machen. Dieses Fundament verspricht eine Geschichte, die weit über eine klassische Hexenerzählung hinausgeht.

So spannend und vielversprechend die magische Welt zunächst erscheint, bleibt sie in manchen Momenten leider erstaunlich vage. Man spürt förmlich, dass unter der Oberfläche ein komplexes System verborgen liegt – doch wirklich klar werden die Regeln nie. Wie genau funktioniert die Magie in dieser Welt? Welche Grenzen hat sie, welche Opfer fordert sie, und worin unterscheiden sich die Begabungen der Hexen tatsächlich? Zwar wird deutlich, dass jede Hexe grundsätzlich Zugang zu sämtlichen Arten von Magie hat, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Doch warum braucht es dann die Unterteilungen in Kategorien wie Elementalisten oder Sehern, wenn diese Grenzen offenbar so durchlässig sind? Gerade hier hätte man sich mehr Struktur und Greifbarkeit gewünscht, um die Eigenheit des Systems wirklich erfassen zu können. Auch das Verzeichnis am Ende des Buches, das eigentlich Klarheit schaffen soll, sorgt eher für Stirnrunzeln: Anstatt Antworten zu liefern, wirft es neue Fragen auf. Diese fehlende Tiefe verhindert ein Stück weit, dass man vollkommen in die magische Welt eintauchen kann – und lässt eine gewisse Leerstelle zurück, die hoffentlich im zweiten Band gefüllt wird.

Ein weiterer Aspekt, der sicherlich die Meinungen spalten wird, ist die Liebesgeschichte. Offiziell als Slow Burn Romance angekündigt, weckt sie Erwartungen an eine behutsam aufgebaute Spannung, an leise Blicke, kleine Gesten und ein Knistern, das sich über viele Seiten hinweg entwickelt. In der Realität nimmt die Romanze jedoch einen deutlich größeren Raum ein und entfaltet sich in einem schnelleren Tempo, als man es anhand der Vermarktung vermuten würde. Dadurch verschiebt sich der Schwerpunkt der Erzählung spürbar: Statt dass die Suche nach der Büchse und die mythologischen Fäden konsequent im Vordergrund stehen, drängen die romantischen Szenen immer wieder in den Mittelpunkt. Zwar wird gegen Ende klar, warum Ava Reed dieser Beziehung so viel Raum gegeben hat und wie sehr sie mit der übergeordneten Handlung verwoben ist – doch ganz los wird man den Eindruck nicht, dass die Magie, die Mythologie und das große Abenteuer an einigen Stellen in den Hintergrund gedrängt wurden.

Trotz mancher Schwächen gelingt Ava Reed mit „Witches of Deadly Sins“ ein Auftakt, der Lust auf mehr macht. Die Mischung aus urbanem Amsterdam-Flair, uralter Mythologie und einem Hexensetting voller Geheimnisse ist so atmosphärisch, dass man sich beim Lesen gern darin verliert – auch wenn nicht alle Fragen zur Welt und zur Magie zufriedenstellend beantwortet werden. Manche Szenen rauschen etwas zu schnell vorbei, andere – wie die Liebesgeschichte – nehmen vielleicht mehr Raum ein, als es der Handlung guttut. Doch am Ende bleibt das Gefühl, ein spannendes Fundament betreten zu haben, das im zweiten Band hoffentlich weiter ausgebaut wird.

Gerade für die kühleren Tage bietet dieses Buch genau die richtige Mischung aus Spannung, Romantik und herbstlicher Magie. Es ist kein perfekter Reihenauftakt, aber einer, der neugierig macht, der Atmosphäre atmet und einen trotz kleiner Lücken mit einem wohligen Schauer zurücklässt. Wer ein kurzweiliges Hexenabenteuer für gemütliche Lesestunden sucht, liegt hier genau richtig – und wird mit Sicherheit gespannt auf die Fortsetzung warten.

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