
Buchinformationen
| Titel | The Hemlock Queen – Ein Hauch von Schatten |
| Band | 2 von 3 |
| Autor | Hannah Whitten |
| Verlag | Blanvalet |
| Übersetzung | Simon Weinert |
| ISBN | 978-3-7341-6420-0 |
| Seitenzahl | 592 |
| Genre | High Fantasy, Dark Fantasy, Romantasy |
| Bewertung | 5 von 5 Sterne |
Klappentext
Nach dem Tod des korrupten Königs besteigt Prinz Bastian den Thron von Dellaire und erhebt die Totenmagierin Lore zur Gefährtin an seiner Seite. Doch der Frieden ist nicht von Dauer: Eine mysteriöse dunkle Kraft breitet sich aus, die Bastian, den Lore zu kennen und lieben glaubte, plötzlich bis zur Unkenntlichkeit verändert. Lores starke Gefühle für Gabriel, mittlerweile der zweitmächtigste Mann im Reich, sind ihr dabei Trost und Hindernis zugleich. Kann Lore sich selbst, ihren Prinzen und ihr Königreich vor den dunklen Mächten schützen, bevor sie alles verliert?
Meine Meinung
Nach dem erfolgreichen Reihenauftakt „The Foxglove King – Ein Hauch von Tod“ führt Hannah Whitten ihre „Nightshade Crown“-Reihe mit „The Hemlock Queen – Ein Hauch von Schatten“ noch eindrucksvoller fort. Der zweite Band öffnet das Tor zu einer Welt, die nicht nur größer, sondern auch vielschichtiger und bedrohlicher wirkt als zuvor. Mythen werden hier zu greifbarer Wirklichkeit, dunkle Mächte verweben sich unaufhaltsam mit den Schicksalen der Figuren, und die uralten Konflikte zwischen den Göttern entfalten ihre volle zerstörerische Kraft. Jede Seite zieht tiefer hinein in ein Geflecht aus Intrigen, Verrat und unausweichlichen Entscheidungen. Was im ersten Teil nur als Ahnung spürbar war, tritt nun in den Vordergrund: eine düstere, atmosphärisch dichte Welt, in der Hoffnung selten und umso kostbarer ist.
Die Atmosphäre des Romans ist von einer allgegenwärtigen, beinahe erdrückenden Düsternis durchzogen. Intrigen spinnen ein Netz, das sich immer enger um die Figuren legt, Verrat zerreißt fragile Bande, und Opfer scheinen unausweichlich, als würde die Welt selbst ein Tribut fordern. Mit jeder Seite verdichtet sich das Gefühl, dass die Schatten übermächtig sind und jegliche Hoffnung im Keim erstickt werden könnte. Doch gerade in dieser finsteren Schwere erblühen jene seltenen Momente des Lichts: ein Akt stiller Freundschaft, eine flüchtige Geste der Zuneigung, ein Aufbegehren gegen das Unabwendbare. Diese Augenblicke wirken wie glimmende Funken in einer endlosen Nacht – klein, beinahe zerbrechlich, und doch von einer Leuchtkraft, die alles überstrahlt. Aus der Spannung zwischen Verzweiflung und Hoffnung erwächst eine emotionale Intensität, die den Roman zu einem Erlebnis macht, das noch lange nach dem Zuschlagen der letzten Seite nachhallt.
Das Erzähltempo ist zu Beginn spürbar verhalten, fast so, als würde die Geschichte selbst tief Luft holen, bevor sie ihre volle Kraft entfaltet. Whitten nutzt diese Phase, um die Figuren nach den dramatischen Ereignissen des ersten Bandes neu zu verorten, ihre inneren Konflikte auszuleuchten und die Grundsteine für kommende Enthüllungen zu legen. Diese bedachte Ruhe ist kein Stillstand, sondern ein leises Knistern im Hintergrund – wie das Anziehen der Schatten vor einem Sturm. Sobald die Handlung dann an Fahrt gewinnt, entlädt sich diese angestaute Spannung in einer Wucht, die kaum mehr loslässt. Intensität, Dramatik und emotionale Tiefe steigern sich von Kapitel zu Kapitel, bis die Geschichte einen unwiderstehlichen Sog entwickelt, der einen unaufhaltsam mitreißt.
Ein zentrales Thema des zweiten Bandes ist die eindrucksvolle Erweiterung der mythologischen Welt. Was zuvor nur in Andeutungen mitschwang, entfaltet sich nun in voller Pracht und Finsternis: Die Schleier um die Götter lüften sich, ihre wahre Macht und ihr unheilvoller Einfluss treten offen zutage. Im Mittelpunkt steht dabei der uralte, beinahe kosmische Konflikt zwischen Apollius und Nyxara – ein Duell von Licht und Dunkel, von Ordnung und Chaos, das wie ein unsichtbarer Pulsschlag durch die gesamte Handlung hallt. Ihre Auseinandersetzung ist mehr als nur ein Kampf göttlicher Mächte; sie ist geprägt von den vielschichtigen Gefühlen der beiden zueinander. Gerade in dieser meisterhaften Verknüpfung zwischen mythischer Dimension und persönlichem Drama liegt die große Stärke des Romans: Die Götter bleiben nicht länger fern und abstrakt, sondern greifen tief in das Leben der Figuren ein.
Neben all der mythologischen Wucht und düsteren Dramatik ist es vor allem die komplexe Dreiecksbeziehung, die der Geschichte zusätzliche Spannung verleiht. Lore steht zwischen Gabe und Bastian, zwei Männern, die unterschiedlicher kaum sein könnten – der eine Verkörperung von Beständigkeit und moralischer Überzeugung, der andere von Macht, Charisma und der Anziehung des Verbotenen. Doch anstatt die erwartete Entscheidung zu treffen und sich für eine Seite zu bekennen, geht Whitten einen unerwarteten, erfrischend ehrlichen Schritt: Lore weigert sich, ihr Herz in eine einfache Entweder-oder-Form zu pressen. Dieses Innehalten, dieses bewusste Nicht-Wählen, bricht mit den üblichen Mustern des Genres und verleiht ihrer Figur eine bemerkenswerte Eigenständigkeit. Es entsteht eine polyamore Dynamik voller Spannung und Zwischentöne, die die Beziehungen ebenso unberechenbar wie interessant macht – und die Frage aufwirft, ob wahre Nähe wirklich immer nur in einer klaren Entscheidung liegen muss.
„The Hemlock Queen“ ist eine Fortsetzung, die nicht nur alle Erwartungen erfüllt, sondern sie mühelos übertrifft. Was als behutsamer, fast leiser Beginn startet, wächst sich zu einer Erzählung von ungeheurer Kraft aus – düster, packend und getragen von einer mythologischen Tiefe, die ihresgleichen sucht. Mit meisterhafter Hand verwebt Hannah Whitten göttliche Konflikte, menschliche Abgründe und fragile Hoffnungen zu einem Geflecht, das gleichermaßen erschüttert wie begeistert. Jede Wendung, jeder Schlag ins Dunkel entfaltet eine emotionale Wucht, die weit über die letzte Seite hinaus nachhallt. Damit festigt Whitten ihren Platz als eine der markantesten Stimmen der modernen Fantasy und erhebt die „Nightshade Crown“-Trilogie zu einem der eindrucksvollsten und unvergesslichsten Projekte, die das Genre in jüngster Zeit hervorgebracht hat.
[unbezahlte Werbung | Rezensionsexemplar]
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