
Buchinformationen
| Titel | Our Infinite Fates |
| Band | Einzelband |
| Autor | Laura Steven |
| Verlag | dtv |
| Übersetzung | Michelle Landau |
| ISBN | 978-3-423-76565-7 |
| Seitenzahl | 416 |
| Genre | Romantasy |
| Bewertung | 5 von 5 Sterne |
Klappentext
Evelyn kann sich an jedes ihrer früheren Leben erinnern. Auch daran, dass sie in jedem einzelnen davon ihren 18. Geburtstag nicht erlebt hat – und schuld daran ist jedes Mal ihre große Liebe, der sie unerklärlicherweise nicht entrinnen kann. Nur dass sie ihr aktuelles Leben gerade sehr mag und, noch wichtiger, dass ihre Schwester sie für eine Knochenmarktransplantation braucht. Wenn sie ihre Schwester retten und den tragischen Verlauf ihrer Zeit und Raum überdauernden Liebesgeschichte aufhalten will, muss Evelyn:
1. die Person finden, die sie seit Jahrhunderten in jedem Leben jagt,
2. herausfinden, warum sie überhaupt gejagt wird, um den Fluch endlich zu brechen, und
3. um jeden Preis verhindern, dass sie sich wieder ineinander verlieben …
Meine Meinung
Laura Steven öffnet in „Our Infinite Fates“ die Tür zu einer Welt, in der Liebe und Tod untrennbar ineinander verwoben sind – wie zwei Fäden, die ein Schicksal knüpfen, das sich nicht entwirren lässt. Im Mittelpunkt steht Evelyn, deren Leben stets unter einem grausamen Stern beginnt: Noch ehe sie ihr achtzehntes Jahr vollendet, wird sie von derselben Person getötet, das ihr in jeder Inkarnation in neuer Gestalt begegnet. Diese Person ist Arden – zugleich Bedrohung und Zuflucht, Geliebter und Henker, Schicksal und Verheißung. Doch Evelyn trägt etwas in sich, das stärker ist als der Tod: Erinnerung. Und mit jeder Erinnerung wächst die Sehnsucht, das Muster zu durchbrechen – nach einem Schicksal, das mehr zulässt als einen flüchtigen Augenblick, nach einem Leben, das nicht nur für sie, sondern auch für ihre Schwester bewahrt werden kann, nach einer Liebe, die sich nicht länger aus den Händen reißen lässt.
Der Zauber des Romans liegt im bittersüßen Spannungsfeld zwischen Tragik und Hoffnung. Jede Liebe ist zum Scheitern verurteilt, jeder zarte Anfang trägt das Wissen vom nahenden Ende in sich. Und doch ist da die unerschütterliche Bereitschaft, immer wieder zu lieben. Evelyns Gefühle für Arden sind weich, sanft und voller Wärme, zugleich aber auch scharf wie eine Klinge – eine Liebe, die ebenso Heilung wie Zerstörung in sich trägt. Dieses Wechselspiel macht die Geschichte so intensiv, dass sie Leser noch lange nach dem Zuschlagen des Buches begleitet.
Was „Our Infinite Fates“ so kraftvoll macht, ist die Verwebung existenzieller Themen. Erinnerung und Identität spielen eine zentrale Rolle: Wer ist man, wenn man nicht nur ein Leben lebt, sondern viele? Was bleibt von uns, wenn wir immer wieder von vorn beginnen? Evelyns Erinnerungen sind fragmentarisch, bruchstückhaft, und doch tragen sie genug in sich, um sie mit jeder neuen Inkarnation stärker und widerspenstiger werden zu lassen. Auch die Frage nach Opfer und Moral zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung: Was ist man bereit, aufzugeben, wenn es darum geht, einen geliebten Menschen zu retten?
Der Vergleich zu „Das unsichtbare Leben der Addie LaRue“ von V. E. Schwab drängt sich dabei fast von selbst auf. Beide Romane kreisen um Figuren, die sich mit einem Schicksal auseinandersetzen müssen, das sie an den Rand der Menschlichkeit drängt. Addie wird verflucht, ewig zu leben, aber von jedem sofort vergessen zu werden – sie kämpft gegen die Isolation des Unsichtbaren, gegen das schmerzliche Gefühl, keine Spuren in der Welt zu hinterlassen. Evelyn dagegen ist dazu verdammt, immer wieder zu sterben, und trägt ihre Erinnerungen wie Narben mit sich. Während Addies Tragik in der Vergessenheit liegt, wurzelt Evelyns Schmerz in der Erinnerung, die sie nicht loslässt. Beide Heldinnen verkörpern den Drang, trotz widriger Umstände zu lieben, zu kämpfen, Spuren zu hinterlassen – und beide Romane leben von jener melancholischen Schönheit, die entsteht, wenn Tragik und Hoffnung aufeinandertreffen.
Gerade in dieser Mischung entfaltet „Our Infinite Fates“ seine besondere Stärke. Der Roman ist nicht bloß eine Liebesgeschichte, sondern ein poetischer, düsterer Reigen über Schicksal und Widerstand, über die Kraft der Erinnerung und die Zerbrechlichkeit des Moments. Evelyns Kampf, nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Schwester zu retten, verleiht der Handlung einen tiefen Ernst, der über das klassische „Star-crossed lovers“-Motiv hinausgeht. Und doch bleibt über allem das Gefühl, dass jede Entscheidung, jeder Schmerz, jede erneute Begegnung Teil einer unendlichen Melodie ist, die ebenso traurig wie schön klingt.
Am Ende ist „Our Infinite Fates“ ein Roman, der uns daran erinnert, dass die größten Geschichten nicht in der Auflösung der Tragik liegen, sondern in ihrer Annahme. So wie Addie LaRue uns die Schönheit im Vergessen zeigt, führt Laura Steven uns vor Augen, wie mächtig die Erinnerung sein kann – und wie schmerzhaft, wenn sie mit Liebe und Verlust verwoben ist. Es ist dieses unauflösbare Band von Tragischem und Bittersüßem, das die Geschichte so unvergesslich macht und einen mit dem Gefühl zurücklässt, dass manche Lieben, so zerbrechlich sie auch sein mögen, stärker sind als jedes Schicksal.
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