
Buchinformationen
| Titel | Fear the Flames – Die Drachenkönigin |
| Band | 1 von 2 |
| Autor | Olivia Rose Darling |
| Verlag | Heyne |
| Übersetzung | Katharina Herzberger |
| ISBN | 978-3-453-27497-6 |
| Seitenzahl | 528 |
| Genre | High Fantasy, Romantasy |
| Bewertung | 2 von 5 Sterne |
Klappentext
Eigentlich stand das Schicksal von Prinzessin Elowen unter einem guten Stern: Zu ihrer Geburt bekam sie fünf Dracheneier geschenkt, und als die Drachen schlüpften, erkannten sie Elowen als ihre Herrin an. Doch der König von Imirath fürchtete, seine Tochter könnte ihn vom Thron stoßen, sobald sie ihre volle Macht erlangt, also sperrte er das Mädchen ins Verlies. Jahre später gelang Elowen mithilfe ihres Onkels die Flucht. Seither leben die beiden im Verborgenen und haben dort ein Königreich der Ausgestoßenen und Verdammten errichtet. Wenn ihr Vater sie findet, ist sie tot, so viel ist Elowen klar. Als ihr Cayden Veles, der größte Feind ihres Vaters, ein Bündnis anbietet, geht Elowen darauf ein, auch wenn sie seine großkotzige Art nicht ausstehen kann. Doch ein Bündnis mit Veles ist die einzige Chance, ihren Thron zurückzubekommen – und ihre Drachen …
Meine Meinung
Es gibt Bücher, die das Herz höherschlagen lassen, weil sie mitreißende Welten erschaffen, faszinierende Figuren präsentieren und eine Geschichte erzählen, die man nicht aus der Hand legen kann. „Fear the Flames – Die Drachenkönigin“ von Olivia Rose Darling gehört leider nicht dazu. Stattdessen brennt sich hier vor allem eines ein: der bittere Nachgeschmack verpasster Chancen.
Beginnen wir mit der Hauptfigur – denn sie ist der Dreh- und Angelpunkt jeder Geschichte. Leider wirkt die Protagonistin in „Fear the Flames“ wie aus der Schablone eines beliebigen TikTok-Trends geschnitzt. Rebellisch, aber ohne echten Grund. Stark, aber nur, weil es im Klappentext steht. Tiefe? Fehlanzeige. Die innere Zerrissenheit, die man bei einer „Drachenkönigin“ erwarten würde, bleibt komplett auf der Strecke. Und das trifft leider auf alle Figuren zu: Stereotyp reiht sich an Stereotyp, von der mysteriösen Love Interest mit tragischer Vergangenheit bis hin zum besten Freund, der einfach nur existiert, um für Elowen da zu sein.
Ein zentrales Element der High Fantasy ist das World Building – also der Aufbau einer Welt, die in sich stimmig, detailreich und nachvollziehbar ist. Fantasy-Leser wollen eintauchen, sich verlieren in fremden Königreichen, magischen Systemen und jahrhundertealten Legenden. Doch „Fear the Flames – Die Drachenkönigin“ scheitert genau an diesem Punkt. Zwar wird mit typischen Fantasy-Versatzstücken geworben – Drachen, Magie, verfeindete Reiche – doch all das bleibt bloße Kulisse. Die Welt wirkt wie ein leeres Bühnenbild, auf das schnell ein paar Requisiten geworfen wurden, ohne dass es ein durchdachtes Konzept dahinter gäbe. Wo genau spielt die Geschichte eigentlich? Wer herrscht über was? Wie funktioniert die Magie, die scheinbar eine große Rolle spielen soll? Und warum führen die Fraktionen überhaupt Krieg? Statt klare Antworten zu liefern oder auch nur ein Gefühl für die Welt zu entwickeln, bleibt alles in der Schwebe. Es wird viel angedeutet, aber kaum etwas wirklich erklärt oder ausgearbeitet. Man hat den Eindruck, als hätte man sich beim World Building eher an einem Pinterest-Board als an einer konsistenten Vision orientiert. Das Ergebnis: Eine Ansammlung von klischeehaften Fantasy-Elementen, die zusammenhangslos nebeneinanderstehen und der Geschichte jegliche Tiefe rauben.
Wenn sich Charaktere in einer Geschichte unterhalten, dann sollte dieser Austausch mehr sein als nur Füllmaterial. Gute Dialoge lassen uns mitfühlen, geben Einblicke in innere Konflikte, treiben die Handlung voran oder offenbaren versteckte Wahrheiten. Im besten Fall entsteht durch Worte Magie – jene Art von zwischenmenschlicher Dynamik, die eine Geschichte lebendig macht. Doch in „Fear the Flames – Die Drachenkönigin“ bleibt davon leider nur ein fahler Abklatsch übrig. Die Gespräche zwischen den Figuren wirken größtenteils wie hölzerne Textbausteine, die emotionslos aneinandergereiht werden. Platt, austauschbar, und oft so bedeutungslos, dass man sich fragt, ob sie überhaupt hätten geführt werden müssen. Was vermutlich als cool, tiefgründig oder gar dramatisch gemeint ist, endet in absurden Phrasen, die unfreiwillig komisch klingen. Gerade in Momenten, in denen echte Emotion gefragt wäre – wenn es um Verlust, Liebe, Angst oder Hoffnung geht – verpufft jede Wirkung. Statt Empathie zu wecken, bleibt beim Lesen nur ein unangenehmes Ziehen in der Magengegend zurück. Man ertappt sich mehr als einmal bei dem Gedanken: „Bitte sagt einfach nichts.“ Denn manchmal ist Schweigen tatsächlich die bessere Option – insbesondere, wenn die Alternative in flachen One-Linern und kitschiger Teenie-Romantik besteht. Fremdschämen wird hier zur wiederkehrenden Lektüreerfahrung.
Es ist außerdem schwer, mit Figuren mitzufiebern, wenn man nicht versteht, was sie antreibt. In diesem Roman bleibt vieles im Dunkeln: Warum trifft die Protagonistin bestimmte Entscheidungen? Was genau will Cayden erreichen? Warum handeln Nebenfiguren so widersprüchlich? Die Beweggründe der Charaktere bleiben schwammig – was letztlich jede Form von Identifikation erschwert.
Was in diesem Roman als große, schicksalhafte Romanze inszeniert werden soll, entpuppt sich leider als überhastete, kitschige Achterbahnfahrt ohne Sicherheitsbügel. Kaum haben sich die Blicke von Elowen und Cayden das erste Mal getroffen, fliegen schon die Funken – zumindest laut Buch. Für die Leser jedoch bleibt es schwer, dieser abrupten Gefühlsentwicklung irgendetwas abzugewinnen. Statt einer zarten Annäherung, bei der sich aus kleinen Gesten und unausgesprochenen Worten allmählich eine Beziehung aufbaut, bekommen wir hier eine Lovestory im Schnelldurchlauf. Das Resultat ist eine Romanze, die sich mehr wie ein Pflichtpunkt auf einer Checkliste anfühlt als wie ein natürlicher Bestandteil der Geschichte. Tiefe oder Chemie zwischen den Figuren? Fehlanzeige. Ihre Verbindung wirkt konstruiert, ihre Gespräche sind voll von bedeutungsschweren Blicken und pathetischen Aussagen, die eher an schlecht geschriebene Fanfiction erinnern als an eine epische Fantasy-Romanze. Manchmal hat man das Gefühl, die beiden könnten sich genauso gut nach dem dritten Gespräch verloben – oder sich nie wiedersehen, es würde keinen Unterschied machen. Besonders unangenehm wird es dann, wenn die kitschigen Momente überhandnehmen und in regelrechtem Cringe gipfeln. Die Autorin scheint unbedingt große Emotionen erzeugen zu wollen, erreicht aber eher das Gegenteil: Man liest mit hochgezogenen Augenbrauen, vielleicht sogar mit einem leisen Seufzen – nicht vor Rührung, sondern vor Verlegenheit. Die Liebesgeschichte bleibt nicht nur unglaubwürdig, sondern wirkt wie ein Fremdkörper in einer ohnehin schon wackligen Handlung.
Auf über 500 Seiten erwartet man eine Geschichte, die sich entfaltet, sich entwickelt, Spannung aufbaut – kurz: eine Handlung, die das Lesen lohnt. Doch was „Fear the Flames – Die Drachenkönigin“ bietet, ist eher eine lange Aneinanderreihung von Szenen, die kaum miteinander verbunden zu sein scheinen. Trotz des beachtlichen Umfangs passiert erstaunlich wenig, und das, was passiert, fühlt sich belanglos oder völlig unmotiviert an. Es gibt kein erkennbares Ziel, keinen Sog, der einen durch die Seiten zieht. Stattdessen wandelt die Erzählung orientierungslos durch eine diffuse Welt, als suche sie selbst noch nach einer Richtung.
Der Spannungsbogen – sofern man ihn denn so nennen will – ist flach wie ein ausgetretener Wanderweg. Potenzielle Höhepunkte plätschern vorbei, ohne Eindruck zu hinterlassen, weil sie weder vorbereitet noch überzeugend in Szene gesetzt werden. Anstatt auf einen packenden Konflikt hinzusteuern, wirkt der Plot wie eine improvisierte Theaterprobe: Man weiß, was ungefähr passieren soll, aber niemand hat sich die Mühe gemacht, das Drehbuch zu schreiben.
Besonders frustrierend ist, dass so viel erzählerisches Potenzial ungenutzt bleibt. Es gibt Ansätze, die man hätte ausbauen können – politische Intrigen, familiäre Konflikte, persönliche Traumata – doch all das wird nur angerissen und dann fallengelassen wie ein uninteressantes Spielzeug. Der Storyaufbau ist schwammig, einzelne Handlungsstränge verlaufen im Nichts oder werden mit einem Nebensatz abgefertigt. Statt Tiefe gibt es lose Enden, statt Struktur ein Gefühl von Beliebigkeit. Man spürt fast mit jedem Kapitel: Hier wurde versucht, viel auf einmal zu erzählen, aber nichts davon mit der nötigen Sorgfalt. Es fehlt an Feinarbeit, an erzählerischer Stringenz, an Mut zum langsamen Aufbau. Das Ergebnis ist eine Geschichte, die nicht wirklich anfängt, nicht wirklich endet – und auf dem Weg dazwischen leider auch nicht viel zu sagen hat.
„Fear the Flames – Die Drachenkönigin“ will vieles sein: epische Fantasy, leidenschaftliche Liebesgeschichte, feministische Heldinnenreise. Doch am Ende bleibt das Buch ein Paradebeispiel dafür, wie man aktuelle Genre-Trends aufgreifen kann, ohne ihnen Substanz zu verleihen. Die Charaktere wirken wie Karikaturen, die Welt bleibt ein blasser Schatten dessen, was sie sein könnte, und die Handlung verliert sich in Belanglosigkeit. Es ist, als hätte man alle beliebten Versatzstücke moderner Fantasy zusammengeworfen – starke Protagonistin, tragische Vergangenheit, mysteriöser Love Interest, Drachen, Magie, Schicksal – und dabei vergessen, eine Geschichte zu erzählen, die funktioniert. Das Buch ist wie ein kunstvoller Buchrücken im Regal, der von außen verspricht, was im Inneren fehlt: Tiefe, Emotion, und vor allem eine Seele.
Für Leser, die auf der Suche nach atmosphärischer Fantasy mit Substanz sind, dürfte dieses Buch leider eher enttäuschend sein. Die wenigen gelungenen Momente gehen in der Masse an Klischees und erzählerischer Beliebigkeit unter. Letztlich bleibt „Fear the Flames“ ein Werk, das mehr Schein als Sein bietet – und damit leider kaum mehr als ein lauwarmes Flämmchen im großen Fantasy-Feuer ist.
[unbezahlte Werbung | Rezensionsexemplar]
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