
Buchinformationen
| Titel | Vampyria – Der Hof der Wunder |
| Band | 2 von 4 |
| Autor | Victor Dixen |
| Verlag | Blanvalet |
| Übersetzung | Bernd Stratthaus |
| ISBN | 978-3-7341-6348-7 |
| Seitenzahl | 560 |
| Genre | Historische Fantasy |
| Bewertung | 4 von 5 Sterne |
Klappentext
Entgegen ihren Plänen und vor den Augen des ganzen Hofstaats hat die Sterbliche Jeanne den König der Vampire vor der Vernichtung bewahrt und wurde dafür in sein Gefolge aufgenommen. Nun muss sie ihre Tarnung als Adelige am Hof der Finsternis aufrechterhalten. Doch wird der Widerstand, dem ihre Treue gilt, Jeanne immer noch in seinen Reihen begrüßen, nach all dem, was sie getan hat? In den Eingeweiden von Paris treibt eine abtrünnige Vampirin ihr Unwesen, die über ihre eigenen entsetzlichen Kreaturen herrscht. Ludwig XIV. sendet seine Reiter aus, um diese Rivalin gefangen zu nehmen. Wen wird Jeanne diesmal schützen, wenn es zum Kampf unter den Vampiren kommt?
Meine Meinung
Mit „Vampyria – Der Hof der Finsternis“ entführte uns Victor Dixen in eine düstere und faszinierende Welt, in der Ludwig XIV. unsterblich ist und als Vampirkönig über ein tyrannisches Reich herrscht. Doch während der erste Band in erster Linie damit beschäftigt war, diese Welt aufzubauen und Jeanne Froids Schicksal als Widerstandskämpferin zu etablieren, geht „Vampyria – Der Hof der Wunder“ noch einen Schritt weiter – und macht vieles noch besser als sein Vorgänger.
Während der erste Band in erster Linie Jeannes Entwicklung von einem einfachen Landmädchen zu einer getarnten Reiterin des Königs nachzeichnet, nimmt die Geschichte im zweiten Band deutlich an Tempo und Intensität zu. Jeanne hat sich inzwischen mit ihrer neuen Identität arrangiert, doch schon bald wird ihr bewusst, dass das Leben am königlichen Hof weit mehr ist als ein gefährliches Schauspiel. Hinter der glänzenden Fassade verbergen sich Machtspiele, Verrat und tödliche Intrigen, die sie ständig auf der Hut sein lassen. Jeder Schritt könnte ihr letzter sein – und nicht jeder Feind kommt mit gezogenen Krallen daher.
Besonders hervorzuheben ist, dass Dixen in „Der Hof der Wunder“ noch tiefer in die politischen Machenschaften der Vampyria-Welt eintaucht. Die Geschichte wird komplexer, die Gegner sind vielschichtiger, und Jeanne muss nicht nur physisch, sondern auch strategisch kämpfen. Dabei stehen nicht mehr nur offensichtliche Feinde im Fokus – auch vermeintliche Verbündete können eine Bedrohung darstellen. Diese zusätzlichen Ebenen machen die Handlung noch spannender als im ersten Band.
Während „Der Hof der Finsternis“ den Fokus vor allem auf die düstere, von Blutdurst und Machtspielen geprägte Welt von Versailles legte, entfaltet sich die Geschichte in „Der Hof der Wunder“ in einer noch vielschichtigeren und lebendigeren Kulisse. Dieses Mal verlässt Jeanne die streng kontrollierten Hallen des Sonnenkönigs und taucht in das pulsierende, aber ebenso gefährliche Paris ein – eine Stadt, die unter der Herrschaft der Vampire eine schaurig-faszinierende Metamorphose durchlaufen hat.
Zwischen prächtigen Palästen und schmutzigen Gassen, zwischen prunkvollen Ballsälen und den finsteren Tiefen der Katakomben entfaltet sich eine Welt, in der Rebellion in den Schatten lauert und jeder Winkel ein Geheimnis birgt. Das Paris von Vampyria ist eine Stadt der Gegensätze – einerseits ein leuchtendes Zentrum königlicher Macht, andererseits ein brodelnder Untergrund voller Widerstand und unheimlicher Kreaturen. Besonders eindrucksvoll ist die düstere Atmosphäre der Pariser Unterwelt, in der sich die tödlichen Ghule verbergen – Kreaturen, die selbst den mächtigen Vampiren gefährlich werden können. Mit dieser Erweiterung des Schauplatzes gewinnt die Geschichte an Dynamik und Tiefe. Paris wird nicht nur zur Kulisse, sondern zum eigenständigen Akteur, der Jeannes Reise auf eine Weise prägt, die in Versailles nicht möglich gewesen wäre.
Auch die Protagonistin Jeanne etabliert sich besser als im ersten Teil. Im ersten Band war Jeanne eine mutige, aber oft noch ungestüme Heldin, die überstürzt handelte und sich in ihrer neuen, grausamen Realität erst zurechtfinden musste. Ihre Entscheidungen wurden nicht selten von ihrem starken Gerechtigkeitssinn und ihrer unbändigen Wut auf das Vampirregime getrieben, auch wenn sie dabei Risiken einging, deren Konsequenzen sie nicht vollständig überblickte. Doch in „Der Hof der Wunder“ ist Jeanne nicht mehr das unerfahrene Mädchen, das blindlings gegen die übermächtige Vampyria-Dynastie aufbegehrt. Sie hat gelernt, dass Überleben in dieser Welt mehr erfordert als Mut – es braucht kluge Strategie, Geduld und die Fähigkeit, auch in der größten Gefahr einen kühlen Kopf zu bewahren. Jeanne ist entschlossener denn je, doch sie hat auch ihre Unschuld verloren. Sie weiß, dass der Feind nicht immer offensichtlich ist, dass selbst ein Lächeln tödliche Absichten verbergen kann und dass nicht jeder Kampf mit dem Schwert gewonnen wird. Ihr Blick auf die Welt ist realistischer, beinahe desillusioniert – doch gerade dieser innere Wandel macht sie zu einer noch stärkeren, faszinierenderen Protagonistin.
Besonders fesselnd ist jedoch ihr innerer Kampf. Während sie äußerlich die Rolle einer loyalen Dienerin des Königs spielt, brodelt es in ihrem Inneren. Jeannes Herz schlägt noch immer für die Rebellion, für die Freiheit, für all jene, die unter der Herrschaft der Vampire leiden. Doch der ständige Drahtseilakt zwischen Anpassung und Widerstand, zwischen Pflicht und eigenem Gewissen, lastet schwer auf ihr. Sie muss nicht nur gegen äußere Feinde kämpfen, sondern auch gegen die dunklen Gedanken und Zweifel, die an ihr nagen. Der ständige Druck, ihre wahre Identität zu verbergen, und die Angst, ihre Menschlichkeit inmitten all der Grausamkeit zu verlieren, machen ihre Reise noch intensiver – und sie als Figur noch greifbarer und vielschichtiger.
Trotz aller Härte bleibt Jeanne aber eine Heldin mit Herz. Sie hat nicht vergessen, wofür sie kämpft, und gerade in einer Welt, die von Blutdurst und Machthunger geprägt ist, beweist sie, dass Mitgefühl und Entschlossenheit keine Gegensätze sein müssen. Ihr Weg ist steiniger als je zuvor, doch genau das macht ihn so spannend zu verfolgen.
Während „Der Hof der Finsternis“ bereits einige Überraschungen bereithielt, setzt Dixen im zweiten Band noch einen drauf. Die Handlung ist weniger vorhersehbar, es gibt mehr unerwartete Wendungen und einige Enthüllungen, die die Leser sprachlos zurücklassen. Besonders zum Ende hin nimmt das Tempo drastisch zu, sodass man das Buch kaum noch aus der Hand legen kann.
Mit „Vampyria – Der Hof der Wunder“ hat Victor Dixen nicht nur eine würdige Fortsetzung geschaffen, sondern einen Band, der seinen Vorgänger in vielen Punkten übertrifft. Die Handlung ist spannender, das Setting detailreicher und die Charakterentwicklung noch packender. Wer nach dem ersten Band neugierig war, bekommt hier eine noch tiefere und mitreißendere Geschichte geboten – und kann sich auf einen spektakulären dritten Teil freuen.
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