Beril Kehribar: Empire of Sins and Souls – Das verratene Herz [Rezension]

Cover © Knaur

Buchinformationen

TitelEmpire of Sins and Souls – Das verratene Herz
Band1 von 3
AutorBeril Kehribar
VerlagKnaur
Übersetzung
ISBN978-3-426-53092-4
Seitenzahl400
GenreDark Romantasy
Bewertung3 von 5 Sterne

Klappentext

Zoé Durand ist eine Sünderin. Eine Lügnerin, eine Prostituierte und eine berüchtigte Diebin. Nach einer schicksalhaften Nacht muss sie sich einen weiteren Titel auf ihre Liste schreiben: Mörderin. Kein Wunder, dass sie sich nach ihrer Hinrichtung in Xanthia wiederfindet, der letzten Station vor den Toren der Hölle. Plötzlich sieht Zoé sich hungrigen Xathyr ausgesetzt, die nach den Sünden in ihrem Blut gieren. Da kommt es gerade recht, dass der attraktive Xathyr-Graf Alexei ihr einen Pakt anbietet: Sie soll drei Relikte für ihn stehlen – im Gegenzug für ihre Freiheit. Doch gerade, als Zoé denkt, sie hätte Xanthias gefährlichste Dämonen schon kennengelernt, taucht der dunkle Prinz Kaspar auf – Alexeis größter Feind und jener Xathyr, vor dem der ganze Hof in Angst lebt. Zoé ist von Kaspars Schatten gleichermaßen abgestoßen und fasziniert. Noch ahnt sie nicht, dass sie weder Kas noch Alexei vertrauen sollte …

Meine Meinung

„Empire of Sins and Souls – Das verratene Herz“ von Beril Kehribar bildet den Auftakt einer Dark-Romantasy-Trilogie, die ihre Leser in die finstere und faszinierende Welt von Xanthia entführt – ein düsterer und gefährlicher Ort, der als Vorhof zur Hölle dient.

Nach ihrer Hinrichtung findet sich Zoé in Xanthia wieder, bevölkert von Xathyr – dämonischen Wesen, die nach den Sünden in ihrem Blut gieren. Der attraktive Xathyr-Graf Alexei bietet ihr einen Pakt an: Sie soll drei Relikte für ihn stehlen und erhält im Gegenzug ihre Freiheit. Doch die Situation kompliziert sich, als der dunkle Prinz Kaspar, Alexeis größter Feind, auftaucht und Zoé zwischen den Fronten der beiden mächtigen Männer gerät.

Die Geschichte beginnt mit einem beeindruckenden Auftakt, der einen sofort in seinen Bann zieht. Der Einstieg ist voller Spannung, packender Ereignisse und einer dichten Atmosphäre, die hohe Erwartungen an den weiteren Verlauf weckt. Die Einführung der Protagonistin Zoé und der düsteren Welt von Xanthia gelingt kraftvoll und mitreißend – ein vielversprechender Start, der das Potenzial einer durchweg dynamischen Handlung suggeriert. Doch leider hält die Erzählung dieses Tempo nicht lange. Nach den ersten Kapiteln, in denen die Spannung förmlich knistert und die Ereignisse Schlag auf Schlag kommen, verliert die Geschichte plötzlich an Schwung. Die Handlung flacht ab, und anstelle von kontinuierlichem Fortschritt und aufregenden Wendungen scheint sie sich in unnötigen Details und Dialogen zu verlieren, die die Spannung nicht aufrechterhalten können. Diese abrupte Entschleunigung sorgt dafür, dass sich der Mittelteil des Buches stellenweise zäh und langatmig anfühlt. Momente, die eigentlich als Übergänge oder zur Vertiefung der Charaktere dienen könnten, ziehen sich unnötig in die Länge, während wichtige Handlungspunkte und emotionale Höhepunkte zu oft in den Hintergrund rücken. Dieser Wechsel vom rasanten Einstieg zu einem stockenden Erzähltempo untergräbt die Wirkung der Geschichte, die mit einem konstanten Spannungsbogen noch eindringlicher hätte sein können. Es bleibt das Gefühl, dass der starke Beginn mehr verspricht, als der Mittelteil letztlich halten kann.

Die Welt von „Empire of Sins and Souls“ hat das Potenzial, Leser in einen faszinierenden, düsteren Kosmos zu entführen. Die Grundidee – ein höllischer Vorhof voller Intrigen, dämonischer Wesen und dunkler Magie – ist zweifellos reizvoll und bietet die perfekte Kulisse für eine intensive und spannende Geschichte. Doch leider bleibt die Umsetzung dieser Welt hinter ihren Möglichkeiten zurück. Während die Atmosphäre durch die düstere Stimmung und die bedrohliche Präsenz der Xathyr überzeugend angedeutet wird, fehlt es an greifbaren Details, die diese Welt wirklich lebendig machen könnten. Wie genau ist Xanthia aufgebaut? Sind es unendliche Weiten voller Schatten, labyrinthartige Gassen oder eine Mischung aus Beidem? Wie funktionieren die Machtstrukturen zwischen Alexei und den anderen Xathyr? Viele dieser Fragen bleiben unbeantwortet, wodurch das Gefühl entsteht, dass die Kulisse zwar dunkel und mysteriös, aber gleichzeitig unfertig bleibt. Das Problem liegt nicht nur in der optischen Beschreibung, sondern auch in den Mechanismen der Welt. Die Xathyr sind faszinierende Kreaturen, aber ihre Herkunft, ihr Einfluss auf die Menschenwelt und die genauen Regeln ihrer Existenz werden nur angedeutet. Warum gibt es diese Relikte, die Zoé stehlen muss, und wie wirken sie sich auf das Machtgefüge aus? Ohne diese Details fühlt sich die Handlung manchmal wie ein losgelöster Faden an, der in einer Welt spielt, die zwar spannend klingt, aber nicht greifbar genug ist, um wirklich einzutauchen.

Eine der größten Stärken des Buches liegt zweifellos im Schreibstil der Autorin Beril Kehribar. Ihre Worte fließen mühelos, und die Leser werden beinahe magisch durch die Seiten gezogen. Die Sprache ist lebendig und zugleich angenehm leicht, was es ermöglicht, tief in die Geschichte einzutauchen, ohne je das Gefühl zu haben, sich durch komplizierte oder unnötig verschachtelte Sätze kämpfen zu müssen. Selbst an den Stellen, an denen sich die Handlung etwas zieht oder inhaltlich weniger Spannung geboten wird, bleibt der Stil ein Genuss. Es ist, als ob der Text einen unsichtbaren Sog entwickelt – man möchte immer weiterlesen, unabhängig davon, ob die Handlung gerade einen Höhepunkt erreicht oder sich in ruhigeren Momenten verliert. Die klare und doch atmosphärische Sprache trägt zudem dazu bei, dass die düstere Welt von Xanthia trotz der beschriebenen Detailarmut zumindest im Ansatz spürbar wird. Kehribar versteht es, Dialoge natürlich und lebendig zu gestalten, und lässt auch die inneren Monologe der Protagonistin angenehm zugänglich wirken, ohne ins Übertriebene oder Künstliche abzurutschen. Dieser flüssige Schreibstil macht das Buch zu einem echten Pageturner, der selbst Lesern mit Vorbehalten gegenüber bestimmten inhaltlichen Aspekten Grund genug gibt, die Geschichte weiterzuverfolgen. Es ist beeindruckend, wie Kehribar es schafft, durch die Kraft ihrer Worte ein gleichbleibendes Lesetempo zu erzeugen – eine Eigenschaft, die man bei so manch anderem Roman oft vermisst.

Leider fällt es schwer, eine emotionale Verbindung zu Zoé aufzubauen, da ihre Persönlichkeit und ihr Verhalten oft widersprüchlich wirken. Obwohl sie eine Vergangenheit hat, die sie eigentlich geformt und zu einer selbstbewussten, strategischen Person gemacht haben sollte, fehlt es ihr in entscheidenden Momenten an Konsistenz. Ihre Handlungen scheinen häufig impulsiv und schlecht durchdacht, was sie in gefährliche Situationen bringt – eine Eigenschaft, die bei ihrer Hintergrundgeschichte unerwartet erscheint. Ein Beispiel dafür ist ihre scheinbar unerschütterliche Entschlossenheit, die jedoch bei der kleinsten Herausforderung ins Wanken gerät. Zoé handelt oft entgegen ihrer etablierten Prinzipien, was ihre Charakterentwicklung nicht etwa vielschichtig, sondern eher unausgegoren erscheinen lässt. Man fragt sich, wie sie mit der beschriebenen Härte und Cleverness durch ihre frühere kriminelle Laufbahn gekommen ist, wenn sie in Xanthia so oft naiv oder unüberlegt agiert. Diese Diskrepanz in ihrem Charakter nimmt leider etwas von der Authentizität und macht es schwer, sich mit ihr als Protagonistin zu identifizieren.

Besonders kritisch zu betrachten ist der Umgang des Buches mit den sogenannten „Spice-Szenen“, die in der Romantasy-Literatur oft als Höhepunkte der emotionalen und körperlichen Intensität inszeniert werden. Leider wirken diese Szenen hier an vielen Stellen unangebracht und deplatziert. Statt sich organisch in die Handlung einzufügen und die Beziehung zwischen den Figuren auf sinnvolle Weise zu vertiefen, erwecken sie den Eindruck, vor allem aus Fanservice-Gründen eingefügt worden zu sein. Sie scheinen primär darauf abzuzielen, Erwartungen einer bestimmten Leserschaft zu erfüllen, anstatt wirklich der Geschichte oder der Charakterentwicklung zu dienen. Ein besonders problematischer Aspekt zeigt sich in der Darstellung einer Panikattacke, die die Protagonistin Zoé während einer dieser Szenen erlebt. Panikattacken sind ernstzunehmende psychische Zustände, die den Betroffenen vollständig einnehmen und ihre Handlungsfähigkeit erheblich einschränken. Doch hier wird dieser Zustand beinahe beiläufig abgehandelt. Zoé durchlebt die Attacke, doch ihre Reaktion darauf ist weder realistisch noch konsequent umgesetzt. Statt die emotionalen und physischen Auswirkungen zu spüren und eine notwendige Phase der Erholung oder Reflexion einzuleiten, wird die Szene abrupt fortgeführt, als wäre nichts gewesen. Diese Herangehensweise verfehlt nicht nur die Gelegenheit, die psychologische Tiefe der Protagonistin auszuloten, sondern vermittelt auch ein unrealistisches Bild von Panikattacken, das dem ernsten Thema nicht gerecht wird. Ein sensiblerer Umgang mit solchen Szenen – sei es durch detaillierte Recherche oder eine differenziertere Darstellung – hätte nicht nur zur Authentizität der Handlung beigetragen, sondern auch den Figuren mehr Glaubwürdigkeit verliehen. So aber bleibt das Gefühl, dass sowohl die emotionalen als auch die narrativen Möglichkeiten dieser Momente zugunsten eines oberflächlichen Effekts verschenkt wurden.

Trotz der Schwächen bietet „Das verratene Herz“ einen soliden Einstieg in die „Empire of Sins and Souls“-Trilogie mit dem auch jene etwas anfangen können, die nicht so auf spicy Romantasy stehen. Trotz einiger Schwächen in Bezug auf Klischees und Erzähltempo überzeugt der Roman durch seine atmosphärische Welt und eine großartige Grundidee. Man darf gespannt sein, wie sich die Geschichte noch weiterentwickelt.

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