
Buchinformationen
| Titel | Vespertine – Das Geheimnis der dunklen Priesterin |
| Band | Einzelband |
| Autor | Margaret Rogerson |
| Verlag | cbj |
| Übersetzung | Claudia Max |
| ISBN | 978-3-570-16717-5 |
| Seitenzahl | 480 |
| Genre | Dark Fantasy, High Fantasy |
| Bewertung | 3 von 5 Sterne |
Klappentext
Artemisias einziges Ziel im Leben ist es, eine Graue Schwester zu werden. Diese Nonnen sorgen dafür, dass die Seelen der Verstorbenen ins Jenseits übergehen können. Als ihr Konvent von einer Armee besessener Soldaten angegriffen wird, erweckt Artemisia aus Versehen den uralten und bösartigen Geist eines Wiedergängers, was sie fast umbringt. Zugleich hat der Tod in Loraille Einzug gehalten und nur eine Vespertine hat eine Chance, ihn aufzuhalten. Das Wissen über die Vespertinen ist jedoch über die Jahrhunderte verloren gegangen. Und so bleibt Artemisia nichts anderes übrig, als sich an den letzten verbliebenen Experten zu wenden: den Wiedergänger selbst. Während Artemisia ein düsteres Rätsel aus Heiligen, Geheimnissen und dunkler Magie lüftet, entdeckt sie, dass sie im Kampf gegen das verborgene Böse vielleicht alles verraten muss, woran sie je geglaubt hat – wenn der Wiedergänger sie nicht zuerst verrät …
Meine Meinung
„Vespertine – Das Geheimnis der dunklen Priesterin“ stammt aus der Feder von Margaret Rogerson und entführt die Leser in eine düstere Welt voller Geister, Magie und Geheimnisse. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Artemisia, eine junge Novizin und Geisterbeschwörerin, die in einem Kloster lebt und darauf trainiert wird, die Toten zur Ruhe zu bringen. Doch als eine dunkle Bedrohung über das Land hereinbricht, ist es an ihr, ein uraltes und gefährliches Relikt zu entfesseln, das sie mit einem machtvollen Geist verbindet. Unfreiwillig zur Retterin geworden, muss Artemisia lernen, die gefährliche Macht des Geistes zu kontrollieren und sich in einer Welt zu behaupten, die von unheimlichen Schatten und zwielichtigen Intrigen geprägt ist.
Stilistisch ist das Buch durchaus gelungen; Margaret Rogerson zeigt ein gutes Gespür für Sprache und Atmosphäre, wodurch die düstere Welt von Vespertine lebendig wird. Allerdings lässt die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, das Lesevergnügen leiden: Der Erzählstil wirkt stellenweise langatmig, und die Handlung zieht sich ohne klare Höhepunkte oder überraschende Wendungen dahin. Dadurch wirkt die Geschichte oftmals eintönig und kann trotz des interessanten Settings und Potentials der Figuren anstrengend zu lesen sein. Die Spannung bleibt zu oft auf der Strecke, und so fehlt es dem Roman an einem fesselnden Fluss, der die Leserschaft bis zur letzten Seite packt.
Zudem ist der Roman so geschrieben, dass das Lesen streckenweise ermüdend wirkt, was es schwer macht, wirklich in die Geschichte einzutauchen. Die langwierigen Beschreibungen und die sich wiederholenden inneren Monologe der Protagonistin lassen die Handlung nur langsam voranschreiten und nehmen dem Erzählfluss an Dynamik. Es fehlt an packenden Momenten, die Spannung aufbauen und den Leser fesseln könnten; stattdessen verleiten die ausschweifenden Passagen eher dazu, mit den Gedanken abzuschweifen und die Aufmerksamkeit zu verlieren. So wird das Leseerlebnis zu einer Herausforderung, bei der die Konzentration immer wieder neu gefunden werden muss, um der Geschichte überhaupt folgen zu können.
Die Handlung wird zudem durch einige Logikfehler beeinträchtigt, die das Lesevergnügen trüben und den Eindruck einer nicht vollständig durchdachten Geschichte hinterlassen. So gibt es etwa Momente, in denen Artemisia scheinbar mühelos grundlegende menschliche Empfindungen wie Schmerz oder körperliche Bedürfnisse einfach abschalten kann. Diese Fähigkeit wird jedoch kaum erklärt und passt nicht zu den sonstigen Beschränkungen und Herausforderungen, denen sie ausgesetzt ist, was den Eindruck erweckt, als seien solche Details nur eingefügt worden, um bestimmte Situationen bequem zu lösen. Solche Unstimmigkeiten untergraben die Glaubwürdigkeit der Erzählung und lassen die Handlung konstruiert wirken, statt sie auf eine natürliche Weise voranzutreiben.
Darüber hinaus mangelt es der Handlung an einem klaren roten Faden, der die Ereignisse kohärent miteinander verbindet und die Geschichte vorantreibt. Statt einer zielgerichteten Erzählung wirkt vieles zerfasert, und manche Passagen lesen sich eher wie lose aneinandergereihte Episoden oder Beschreibungen einer Reise als wie eine packende, zusammenhängende Geschichte. Szenen, in denen sich die Protagonistin von einem Ort zum anderen bewegt oder in denen atmosphärische Details beschrieben werden, stehen oft im Vordergrund, während ein klarer Handlungsbogen fehlt. Dadurch verliert die Geschichte an Spannung und Struktur, und die Ereignisse wirken mitunter belanglos, was es schwer macht, als Leser am Geschehen dranzubleiben und eine emotionale Verbindung zur Handlung aufzubauen.
So faszinierend die Welt auch sein mag, in der „Vespertine“ spielt, so herausfordernd ist es, sich als Leser in dieser zurechtzufinden. Rogerson wirft mit zahlreichen Begriffen und Namen um sich, ohne den Leser ausreichend in die Strukturen und Besonderheiten dieser Welt einzuführen. Vieles wird nur angerissen oder bleibt unklar, wodurch es schwerfällt, eine klare Vorstellung von den Regeln, der Geschichte und den Feinheiten dieser Welt zu entwickeln. Statt eines detaillierten Worldbuildings, das die Schauplätze und das Magiesystem lebendig werden lässt, wirkt die Welt vage und kaum greifbar. Die Handlung setzt oft voraus, dass die Leser die komplexen Zusammenhänge von Beginn an verstehen, was zu Verwirrung führt und es erschwert, wirklich in die Geschichte einzutauchen.
Auch die Protagonistin Artemisia macht es den Leser nicht leicht, sich mit ihr zu identifizieren oder eine Verbindung zu ihr aufzubauen. Sie wirkt oftmals kühl, unnahbar und zeigt eine Härte, die schnell als unsympathisch empfunden wird. Ihre Entscheidungen sind häufig schwer nachzuvollziehen, und sie handelt in vielen Situationen impulsiv oder eigensinnig, was sie wenig zugänglich macht. Obwohl sie betont, für das Wohl anderer einzutreten und alles für ihre Mitmenschen zu tun, zeigen ihre Handlungen ein anderes Bild: Artemisia handelt oft egozentrisch, scheut Kompromisse und setzt ihre eigenen Interessen oder Überzeugungen kompromisslos durch, selbst wenn dies andere beeinträchtigt. Diese Widersprüchlichkeit macht es schwer, mit ihr mitzufühlen oder ihren Weg zu verstehen – eine Herausforderung für die Leserschaft, die normalerweise auf die emotionale Nähe zur Hauptfigur angewiesen ist, um wirklich in die Geschichte einzutauchen.
Im Gegensatz dazu steht der Widergänger, der mit seinem frechen Humor und seinen schlagfertigen Sprüchen für einige der unterhaltsamsten Momente im Buch sorgt. Seine lockere, bisweilen respektlose Art bringt eine willkommene Leichtigkeit in die düstere Atmosphäre der Geschichte und bietet dem Leser einen charmanten Kontrast zur oft grüblerischen Protagonistin. Allerdings bleibt der Widergänger als Figur eher eindimensional; ihm fehlt die charakterliche Tiefe, die ihn zu einer wirklich komplexen und greifbaren Persönlichkeit machen könnte. Seine Rolle beschränkt sich größtenteils auf humorvolle Kommentare und gelegentliche Unterstützung, ohne dass man viel über seine Hintergründe oder Motive erfährt. So bleibt er insgesamt leider etwas zu oberflächlich und verschenkt damit sein Potenzial, die Geschichte wirklich zu bereichern.
Insgesamt hätte „Vespertine – Das Geheimnis der dunklen Priesterin“ so viel mehr sein können. Die faszinierende Grundidee und das Potenzial der düsteren, geisterhaften Welt hätten die Grundlage für eine fesselnde Geschichte geschaffen. Doch die fehlende Tiefe im Worldbuilding, die schwer zugängliche Protagonistin und die Logikfehler in der Handlung lassen den Roman hinter den Erwartungen zurückbleiben. Auch die charmanten Momente mit dem Widergänger und die atmosphärische Sprache können nicht ganz darüber hinwegtäuschen, dass der rote Faden und die emotionale Nähe zur Geschichte fehlen. So bleibt der Roman letztlich eine Geschichte, die zwar interessante Ansätze bietet, jedoch ihre Möglichkeiten nicht vollständig ausschöpft und dadurch ein wenig im Schatten ihrer eigenen Ambitionen verweilt.
[unbezahlte Werbung | Rezensionsexemplar]
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