
Buchinformationen
| Titel | Das Lied der Krähen |
| Band | 1 von 2 |
| Autor | Leigh Bardugo |
| Verlag | Knaur |
| Übersetzung | Michelle Gyo |
| ISBN | 978-3-426-22801-2 |
| Seitenzahl | 600 |
| Genre | High Fantasy |
| Bewertung | 4 von 5 Sterne |
Klappentext
Ketterdam – pulsierende Hafenstadt, Handelsmetropole, Tummelplatz zwielichtiger Gestalten: Hier hat sich Kaz Brekker zur gerissenen und skrupellosen rechten Hand eines Bandenchefs hochgearbeitet. Als er eines Tages ein Jobangebot erhält, das ihm unermesslichen Reichtum bescheren würde, weiß Kaz zwei Dinge: Erstens wird dieses Geld den Tod seines Bruders rächen. Zweitens kann er den Job unmöglich allein erledigen …
Mit fünf Gefährten, die höchst unterschiedliche Motive antreiben, macht Kaz sich auf in den Norden, um einen gefährlichen Magier aus dem bestgesicherten Gefängnis der Welt zu befreien. Die sechs Krähen sind professionell, clever, und Kaz fühlt sich jeder Herausforderung gewachsen – außer in Gegenwart der schönen Inej …
Meine Meinung
Leigh Bardugo, eine der prominentesten Fantasy-Autorinnen der Gegenwart, schuf mit „Das Lied der Krähen“ ein herausragendes Werk, das die Grenzen des Genres erweitert und mit seiner düsteren, packenden Atmosphäre Leser weltweit fesselt. Das Buch ist der Auftakt zu einer Dilogie, die im Grishaverse spielt, einer Welt, die Bardugo bereits in ihrer Grisha-Trilogie etabliert hat. Doch während die Grisha-Trilogie die epische Schlacht von Gut gegen Böse in den Vordergrund stellte, wendet sich „Das Lied der Krähen“ einer weitaus persönlicheren und komplexeren Geschichte zu – einer Geschichte, die von Intrigen, Überleben und dem Streben nach Rache und Erlösung handelt.
Die Geschichte spielt in der Hafenstadt Ketterdam, einer von Korruption und Verbrechen geprägten Metropole, die stark von Amsterdam inspiriert ist. Ketterdam ist das Zentrum von Handel und Verrat, eine Stadt, in der das Geld regiert und Moral eine vernachlässigbare Größe ist. Im Gegensatz zu den weiten, majestätischen Landschaften Ravkas, die in der Grisha-Trilogie beschrieben werden, ist Ketterdam dunkel, eng und schmutzig. Hier treffen wir auf die Protagonisten der Geschichte: eine Gruppe von Außenseitern und Gesetzlosen, angeführt von dem brillanten und manipulativen Kaz Brekker.
Leigh Bardugo versteht es, ihre Leser mit einem fesselnden und packenden Schreibstil in den Bann zu ziehen. Ihr Talent für präzise und atmosphärische Beschreibungen macht Ketterdam zu einer lebendigen und düsteren Kulisse. Die Stadt wird fast zu einem eigenen Charakter – dunkel, gefährlich, aber faszinierend. Bardugos Fähigkeit, Spannung aufzubauen, ist bemerkenswert. Die Action-Szenen sind rasant, die Dialoge clever und pointiert, und die Wendungen im Plot halten die Leser bis zur letzten Seite gefesselt.
Darüber hinaus gelingt es Bardugo, mit den verschiedenen Erzählperspektiven eine tiefere emotionale Verbindung zu den Charakteren aufzubauen. Jedes Kapitel wird aus der Sicht eines anderen Crew-Mitglieds erzählt, was den Lesern Einblicke in ihre Gedanken und Motivationen gibt und die Dynamik innerhalb der Gruppe vielschichtiger macht.
Das Herzstück des Romans ist ein scheinbar unmöglicher Raubzug. Kaz und seine Crew werden angeheuert, um in das am besten gesicherte Gefängnis der Welt, das Eistribunal in Fjerda, einzubrechen und eine Geisel zu befreien. Diese Geisel ist ein Wissenschaftler, der das Wissen über eine gefährliche Droge namens Jurda Parem besitzt, die die Kräfte der Grisha – Menschen mit magischen Fähigkeiten – massiv verstärken kann, sie aber gleichzeitig süchtig und abhängig macht. Die Mission scheint unmöglich: Das Eistribunal gilt als uneinnehmbar, die politische Lage zwischen Ketterdam und Fjerda ist angespannt, und das Team ist alles andere als vertrauenswürdig.
Bardugo nutzt diesen Raubzug als Katalysator, um nicht nur die actiongeladene Handlung voranzutreiben, sondern auch die Beziehungen und Hintergründe der Charaktere zu beleuchten. Jeder der sechs Hauptcharaktere – Kaz Brekker, Inej Ghafa, Nina Zenik, Matthias Helvar, Jesper Fahey und Wylan Van Eck – bringt eine einzigartige Geschichte und Persönlichkeit in die Gruppe ein.
Was „Das Lied der Krähen“ von vielen anderen Fantasy-Büchern abhebt, ist die Art und Weise, wie Bardugo ihre Charaktere gestaltet. Keine der Figuren entspricht dem typischen Bild eines Helden. Stattdessen sind sie gebrochene Menschen mit dunklen Vergangenheiten, tiefen Narben und verborgenen Geheimnissen. Jede Figur bringt ihre eigenen Konflikte und Motivationen mit, und Bardugo schafft es meisterhaft, ihre Geschichten ineinander zu verweben, sodass die Interaktionen innerhalb der Gruppe glaubwürdig und spannend wirken.
Ein zentrales Thema in „Das Lied der Krähen“ ist das Spiel um Macht. Die Welt von Ketterdam wird von Geld, Korruption und Manipulation beherrscht, und Bardugo zeigt, wie leicht die Grenze zwischen Gut und Böse in einem solchen Umfeld verschwimmt. Kaz und seine Crew agieren in einer Welt, in der moralische Entscheidungen oft keine klaren Antworten haben. Sie kämpfen ums Überleben, aber ihre Methoden sind nicht immer ehrenhaft.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die menschliche Verletzlichkeit. Jeder Charakter in der Geschichte ist auf seine Weise gebrochen, sei es durch traumatische Erfahrungen, verratene Ideale oder vergebliche Hoffnungen. Diese emotionalen Wunden verleihen den Charakteren Tiefe und Glaubwürdigkeit, während sie gleichzeitig die Themen Vertrauen und Vergebung untersuchen.
„Das Lied der Krähen“ ist weit mehr als nur eine Geschichte über einen Raubzug. Es ist ein Fantasy-Roman über Macht, Rache, Vertrauen und die Suche nach Erlösung in einer dunklen und gnadenlosen Welt. Die Mischung aus dunkler Fantasy, Heist-Geschichte und tiefgründiger Charakterentwicklung macht das Buch zu einem absoluten Muss für Fans des Genres – und für alle, die nach einer packenden und emotionalen Leseerfahrung suchen.
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