
Buchinformationen
| Titel | Defiant – Jenseits der Sterne |
| Band | 4 von 4 |
| Autor | Brandon Sanderson |
| Verlag | Knaur |
| Übersetzung | Oliver Plaschka |
| ISBN | 978-3-426-21796-2 |
| Seitenzahl | 480 |
| Genre | Science-Fiction |
| Bewertung | 3 von 5 Sterne |
Klappentext
Die Zeit im Nirgendwo zwischen den Sternen und ihre Begegnung mit den uralten Delvers hat die junge Pilotin Spensa für immer verändert.
Unterdessen ist es ihren Freunden von Skyward Flight gelungen, Verbündete für ihren Kampf zu gewinnen und Winzik aufzuhalten. Trotzdem steht die galaktische Allianz der Superiority kurz davor, endgültig die Vorherrschaft zu erlangen, was nicht nur für die Menschheit den Untergang bedeuten würde.
Um ihren übermächtigen Gegner zu besiegen, muss Spensa ihre Gabe einsetzen und auf das Wissen der Delvers zurückgreifen. Doch das verlangt ihr mehr ab, als sie sich je hätte vorstellen können. Ist sie wirklich bereit, alles für den Sieg zu geben – auch wenn das bedeuten könnte, ihre Freunde und sogar sich selbst zu verlieren?
Meine Meinung
Brandon Sanderson hat mit „Defiant – Jenseits der Sterne“ den vierten und abschließenden Band seiner Science-Fiction-Reihe „Claim the Stars“ vorgelegt. Die Handlung folgt erneut der jungen Pilotin Spensa, die sich jetzt in einem entscheidenden Krieg gegen die Superiority befindet.
Die finale Schlacht steht bevor – das entscheidende Aufeinandertreffen zwischen der Superiority und den Menschen. Dank Spensa sind die Menschen jedoch nicht mehr allein. Dennoch scheint der Sieg fast unerreichbar. Oder etwa doch nicht? Gemeinsam mit dem Delver Chet, M-Bot und Schreckschneck setzt Spensa alles daran, ihre Freunde und Familie zu retten – und nebenbei auch noch die gesamte Galaxie.
Obwohl die Handlung sich ihrem Höhepunkt nähert und die Spannung kontinuierlich steigt, gibt es dennoch zahlreiche Passagen, die sich in die Länge ziehen. Diese Abschnitte können das Tempo der Geschichte erheblich verlangsamen und den Lesefluss stören. Anstatt die Dramatik und Intensität der bevorstehenden Schlacht zu verstärken, wirken diese langatmigen Stellen oft wie unnötige Füller, die den Leser aus dem Geschehen reißen. Dies führt dazu, dass die emotionale Wirkung und die Dringlichkeit der Ereignisse nicht immer voll zur Geltung kommen. Besonders in einem Finale, das von Natur aus eine hohe Dynamik und Spannung erfordert, können solche Längen die Gesamtwirkung der Geschichte beeinträchtigen und die Geduld der Leser auf die Probe stellen.
Dieser wesentliche Kritikpunkt mag auf die Länge der Reihe zurückzuführen sein. Hinsichtlich der Fakten, hätte die Geschichte auch in drei Bänden erzählt werden können. Die zusätzlichen Inhalte im vierten Band wirken teilweise überflüssig und tragen nicht immer zur Weiterentwicklung der Handlung bei, was die Erzählung unnötig aufplustert.
Wie eigentlich über den gesamten Verlauf der Buchreihe wirkt Spensas Charakterentwicklung problematisch. Ihr impulsives Verhalten und ihre Unfähigkeit, sich unterzuordnen, können für viele Leser frustrierend sein. Diese Eigenschaften machen sie oft unsympathisch und erschweren die Identifikation mit ihr. Spensa ist schlichtweg zu besonders, was sie von den anderen Charakteren abhebt, aber nicht immer im positiven Sinne.
Trotz dieser Kritikpunkte setzt Sanderson immer wieder neue Elemente ein, um Spensa noch außergewöhnlicher erscheinen zu lassen. Ein Beispiel dafür ist die Fusion mit dem Delver Chet. Logisch betrachtet würde man erwarten, dass eine solche Fusion dazu führt, dass Spensa mehr und mehr von sich selbst verliert und stattdessen mehr vom Delver annimmt bzw. dieser auch an die Oberfläche tritt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Spensa bleibt weitgehend unverändert und gewinnt zusätzlich noch neue Fähigkeiten hinzu. Die Fusion hat also keinerlei Nachteile für sie. Diese Entwicklung wirkt unglaubwürdig und verstärkt den Eindruck, dass Spensa eine typische Mary Sue ist – eine Figur, die zu perfekt und unfehlbar erscheint, trotz der Schwächen, die Brandon Sanderson nutzt, um Spensa als Figur zu legitimieren.
Schon vor der Fusion war Spensa durch ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten und ihre Rolle als Retterin der Menschheit zu sehr idealisiert. Diese Überhöhung ihrer Figur nimmt der Geschichte etwas von ihrer Authentizität und macht es schwer, eine tiefere emotionale Verbindung zu Spensa aufzubauen. Statt einer realistischen und nachvollziehbaren Charakterentwicklung erleben wir eine Heldin, die immer mehr Superkräfte erhält, ohne dass dies zu nennenswerten inneren Konflikten oder Verlusten führt.
Die Nebencharaktere wie M-Bot und Schneckschreck sorgen zwar für humorvolle und emotionale Momente, die das Buch bereichern und auflockern. M-Bot, mit seinem trockenen Humor und seiner unerschütterlichen Loyalität, sowie Schneckschreck, der durch seine skurrile Art und seine unerwarteten Weisheiten besticht, tragen wesentlich zur Dynamik der Geschichte bei. Doch trotz dieser positiven Aspekte hat die Chemie zwischen Spensa und ihren Freunden im Vergleich zu den vorherigen Bänden merklich nachgelassen.
Diese Veränderung könnte auf die tiefgreifenden Entwicklungen und Herausforderungen zurückzuführen sein, die Spensa durchgemacht hat. Ihre zunehmende Isolation und die Bürde ihrer Verantwortung scheinen eine Kluft zwischen ihr und ihren einst engen Verbündeten geschaffen zu haben. Die einst so starke und greifbare Verbindung, die Spensa mit ihren Freunden teilte, wirkt nun oft distanziert und weniger authentisch, auch, wenn immer wieder versucht wird, noch irgendwas zu drehen.
Der detaillierte Weltaufbau bleibt jedoch beeindruckend und ist eines der Markenzeichen von Sandersons Schreibstil. Die komplexen und gut durchdachten Welten, die er erschafft, bieten eine faszinierende Kulisse für die Handlung. Die Begegnungen mit den uralten Delvers und die Erkundungen im Nirgendwo zwischen den Sternen fügen der Geschichte eine zusätzliche Tiefe hinzu, die den Leser in ihren Bann zieht. Trotz der Schwächen in der Charakterdynamik bleibt der Weltaufbau ein starkes Element, das die Serie auszeichnet.
Ernüchternd kam dann das Ende, das viel zu übereilt und abgehackt wirkt, als hätte der Autor plötzlich die Anweisung erhalten, nicht eine Seite mehr schreiben zu dürfen. Die Ereignisse, die sich zuvor langsam und detailliert aufgebaut haben, werden in einem rasanten Tempo abgehandelt, das dem Leser kaum Zeit lässt, die Entwicklungen zu verarbeiten. Wichtige Handlungsstränge werden überhastet abgeschlossen oder bleiben gar unaufgelöst, was zu einem Gefühl der Unvollständigkeit führt. Diese abrupte Abwicklung der Geschichte lässt viele Fragen offen und hinterlässt einen schalen Nachgeschmack. Die emotionalen Höhepunkte, die man sich von einem Finale dieser Größenordnung erhofft, bleiben aus, und die Charaktere, deren Schicksale einem ans Herz gewachsen sind, erhalten nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Statt eines befriedigenden Abschlusses fühlt man sich als Leser eher, als hätte man eine unvollständige Skizze statt eines vollendeten Gemäldes vor sich. Dieses überstürzte Ende lässt einen sehr unzufrieden zurück und mindert den Gesamteindruck. Es ist bedauerlich, dass diese Geschichte nicht einen runderen Abschluss erhalten hat.
„Defiant – Jenseits der Sterne“ bietet zwar einen actionreichen Abschluss, doch die Reihe hätte von einer strafferen Erzählweise, einer besser ausgearbeiteten Protagonistin und einem runderen Ende profitiert. So bleibt eine Reihe zurück, die stark angefangen und sehr stark nachgelassen hat und damit auch ein bestenfalls mittelmäßiges Leseerlebnis.
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