Nisha J. Tuli: Trial of the Sun Queen [Rezension]

Cover © Knaur

Buchinformationen

TitelTrial of the Sun Queen
Band1 von 4
AutorNisha J. Tuli
VerlagKnaur
ÜbersetzungPaula Telge
ISBN978-3-426-44827-4
Seitenzahl416
GenreHigh Fantasy, Romantasy
Bewertung3 von 5 Sterne

Klappentext

Nach zwölf langen Jahren im Kerker des Aurorakönigs hat Lor nur ein Ziel: dem grausamen High Fae jeden einzelnen Moment ihres Elends heimzuzahlen und mit ihren Geschwistern zu fliehen. Als sie gegen jede Wahrscheinlichkeit – und gegen alle Regeln – an den Hof des rivalisierenden Sonnenkönigs gelangt, scheint ihre Rache in greifbarer Nähe. Denn Lor wurde auserwählt mit neun anderen Tributen um die Hand des äußerst attraktiven Königs zu kämpfen und den Thron an seiner Seite zu erklimmen. Nur wenn ihr das gelingt, ist sie frei und kann ihre Familie retten. Doch um den Sonnenkönig für sich zu gewinnen, muss Lor erst einmal die tödlichen Wettkämpfe und intriganten Spiele am Hofe der Fae überleben.

Meine Meinung

„Trial of the Sun Queen“ von Nisha J. Tuli ist ein Buch, das in der Fantasy-Community viel Aufmerksamkeit erregt hat. Die Geschichte dreht sich um Lor, eine junge Frau, die nach zwölf Jahren im Kerker des Aurorakönigs an den Hof des rivalisierenden Sonnenkönigs gelangt. Dort muss sie gegen neun andere Tribute um die Hand des Königs kämpfen.

Wie man bereits jetzt schon merkt, erinnert diese Prämisse stark an andere bekannte Fantasy-Geschichten, insbesondere an „The Hunger Games“ von Suzanne Collins und den ersten Teil von „Das Reich der sieben Höfe“ von Sarah J. Maas. In beiden Werken steht ein tödlicher Wettkampf im Mittelpunkt, bei dem die Protagonisten um ihr Überleben kämpfen müssen. In „The Hunger Games“ kämpfen die Tribute in einer Arena um ihr Leben, während in „Das Reich der sieben Höfe“ die Protagonistin Feyre in verschiedenen Prüfungen bestehen muss, um ihre Freiheit und die ihrer Liebsten zu sichern. Die Idee eines tödlichen Wettkampfs um die Gunst eines Königs ist nicht neu und wirkt in diesem Kontext wenig originell. Bereits in der griechischen Mythologie finden sich ähnliche Motive, wie etwa die Prüfungen des Herkules. Auch in der modernen Literatur und Popkultur ist dieses Thema weit verbreitet. Es scheint, als ob „Trial of the Sun Queen“ versucht, auf dieser bewährten Formel aufzubauen, ohne jedoch wesentliche neue Elemente oder frische Perspektiven einzubringen. Diese Wiederholung bekannter Motive führt dazu, dass die Geschichte vorhersehbar und klischeehaft wirkt. Leser, die mit den genannten Werken vertraut sind, könnten das Gefühl haben, dass sie eine bereits bekannte Geschichte noch einmal erleben, nur in einem anderen Setting. Dies mindert die Spannung und das Interesse, da die Überraschungsmomente fehlen und die Handlung oft in vorhersehbaren Bahnen verläuft.

Nisha J. Tulis Schreibstil ist locker und leicht, was dazu beiträgt, dass man schnell in die faszinierende Welt der Fae eintauchen kann. Ihre bildhafte Sprache und die lebendigen Beschreibungen machen es einfach, sich die magischen Landschaften und die komplexen Charaktere vorzustellen. Diese Leichtigkeit im Schreibstil sorgt dafür, dass die Seiten nur so dahinfliegen und man das Buch kaum aus der Hand legen möchte. Dennoch gibt es Passagen, die unnötig brutal und blutig sind, was nicht jedem Leser gefallen dürfte. Diese Szenen wirken oft übertrieben und scheinen mehr auf Schockeffekte abzuzielen, als die Handlung voranzutreiben oder die Charaktere weiterzuentwickeln. Solche brutalen Beschreibungen können den Lesefluss stören und das Lesevergnügen mindern, besonders für diejenigen, die eine subtilere Herangehensweise bevorzugen.

Die im Vorfeld beworbenen spicy Szenen sind zwar vorhanden, aber glücklicherweise nicht allzu dominant. Diese Passagen wirken jedoch oft unpassend und sind katastrophal ausformuliert. Sie fügen sich nicht nahtlos in die Handlung ein und wirken eher wie Fremdkörper, die die Atmosphäre stören. Statt die Charaktere und ihre Beziehungen zu vertiefen, tragen diese Szenen wenig zur eigentlichen Handlung bei und können den Leser aus der ansonsten gut aufgebauten Welt herausreißen.

Lor wird als starke und entschlossene Protagonistin dargestellt, die trotz ihrer traumatischen Vergangenheit Mitgefühl und Gerechtigkeitssinn bewahrt. Ihre Zeit im Kerker des Aurorakönigs hat sie zwar gezeichnet, aber nicht gebrochen. Diese innere Stärke und ihr unerschütterlicher Wille, für das Richtige zu kämpfen, machen sie zu einer bewundernswerten Figur. Sie zeigt immer wieder Mut und Entschlossenheit, selbst in den gefährlichsten Situationen. Allerdings bleibt ihre Charakterentwicklung oft oberflächlich. Viele ihrer Handlungen und Entscheidungen wirken vorhersehbar und klischeehaft. Anstatt tiefere Einblicke in ihre Gedankenwelt und ihre inneren Konflikte zu bieten, bleibt die Erzählung oft an der Oberfläche. Ihre Reaktionen und Entscheidungen folgen häufig bekannten Mustern, die man aus anderen Geschichten bereits kennt. Dies führt dazu, dass sie als Charakter wenig Überraschungen bietet und ihre Entwicklung stagnierend wirkt.

Auch die Nebenfiguren bleiben größtenteils eindimensional und bieten wenig Tiefe. Charaktere wie der geheimnisvolle König oder die rivalisierenden Tribute sind oft stereotypisch gezeichnet und erfüllen vor allem narrative Funktionen, ohne selbst vielschichtig oder komplex zu sein. Ihre Motivationen und Hintergründe werden nur oberflächlich behandelt, was es schwer macht, eine tiefere Verbindung zu ihnen aufzubauen oder ihre Handlungen wirklich nachzuvollziehen.

Insgesamt fehlt es der Geschichte an emotionaler Tiefe und Charakterentwicklung, was besonders in einem Genre wie der Fantasy, das von starken und komplexen Figuren lebt, enttäuschend ist. Die Protagonistin und die Nebenfiguren bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück und lassen den Leser mit dem Gefühl zurück, dass hier viel Potenzial ungenutzt bleibt.

„Trial of the Sun Queen“ hat sicherlich seine Stärken, insbesondere in der Schaffung einer faszinierenden Welt und einer spannenden Grundprämisse. Doch die mangelnde Originalität, die oberflächliche Charakterentwicklung und die teils unnötig brutalen Szenen trüben das Lesevergnügen. Für Fans von romantischen Fantasy-Geschichten mit „starken“ weiblichen Protagonistinnen und Fantasy-Neulinge, die aus dem Romancebereich kommen, mag das Buch dennoch einen Blick wert sein, aber es bleibt hinter den Erwartungen zurück.

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