Christian Handel: Das verborgene Zimmer von Thornhill Hall [Rezension]

Cover © Ueberreuter

Buchinformationen

TitelDas verborgene Zimmer von Thornhill Hall
BandEinzelband
AutorChristian Handel
VerlagUeberreuter
Übersetzung
ISBN978-3-7641-7122-3
Seitenzahl384
GenreHistorical Fantasy
Bewertung4 von 5 Sterne

Klappentext

Obwohl sie ihn als Kind bei seinem Vater zurückgelassen hat, muss der 16-jährige Colin diesen Sommer mit seiner Mutter und ihrer neuen Familie in ihrem abgelegenen, alten Herrenhaus verbringen. Kaum in Thornhill Hall angekommen, scheint ihm jemand Böses zu wollen und stößt ihn kurzerhand die Treppe hinab. Als Geist wiedererwacht, muss Colin nun mit Hilfe anderer Geister und dem ebenso arrogant wie interessant wirkenden Theodore das verborgene Zimmer finden – Colins einziger Weg zurück in sein altes Leben …

Meine Meinung

Das Buch „Das verborgene Zimmer von Thornhill Hall“ von Christian Handel ist ein historischer Fantasyroman, der die Leser in die Welt der Geister und der englischen Aristokratie entführt. Der junge Colin muss einen Sommer auf dem alten Landsitz seiner Mutter und deren neuer Familie verbringen, wo er einem mysteriösen Unfall zum Opfer fällt. Als er als Geist erwacht, macht er sich zusammen mit anderen Geistern und dem attraktiven Theodore auf die Suche nach dem verborgenen Raum, der ihm die Chance bietet, wieder zum Leben zu erwachen. Dabei stößt er auf dunkle Geheimnisse, die seine Familie und Thornhill Hall umgeben. Das Buch ist eine gelungene Mischung aus Krimi, Fantasy und queerer Liebesgeschichte, die den Leser bis zum Ende fesselt.

Der Schreibstil von Christian Handel ist gewohnt bildhaft, authentisch und atmosphärisch. Mit vielen Details und in einer spannenden, düsteren Atmosphäre beschreibt er die Geisterwelt und das alte Herrenhaus. Er lässt den Leser mit dem Hauptcharakter mitfiebern und rätseln, wer ihm Böses will und wie er wieder lebendig werden kann. Dabei vermischen sich Krimi-, Fantasy- und Romantikelemente zu einer gelungenen Geschichte, die auch queer und magisch ist.

Die Geschichte spielt Ende des 19. Jahrhunderts und baut sich relativ langsam auf. So dauert es etwa ein Drittel des Buches, bis es überhaupt zu dem unglücklichen Ereignis kommt, das Colin das Leben nimmt und ihn zu einem Geist werden lässt. Der Anfang ist zwar nicht uninteressant, aber ich persönlich fand ihn zu lang, auch weil das Buch insgesamt nicht sehr umfangreich ist.

Protagonist der Handlung ist Colin, der dem Leser aus der Ich-Perspektive erzählt, was er erlebt. Auf diese Weise ist man hautnah dabei.
Colin ist für mich eine authentische Hauptfigur, in der viel mehr steckt, als man zunächst denkt. Überhaupt sind alle Charaktere in diesem Buch so unglaublich liebevoll ausgearbeitet, dass man sie einfach ins Herz schließen muss. Die einzige Figur, die für mich nicht ins Bild passte, war Alice. Das wurde auch durch eine Szene später im Buch nicht unbedingt besser. Die Wendung, die sich dort ereignet, fand ich wirklich übertrieben und unpassend. Ohne diese Wendung wäre die ganze Geschichte um ein Vielfaches runder geworden.

Da es sich um einen queeren Fantasyroman handelt, gibt es natürlich auch eine Liebesgeschichte zwischen Colin und Theo, die sich nach einigen Unstimmigkeiten immer mehr annähern. Was mir dabei gefehlt hat, war der historische Aspekt. Homosexualität wurde im England des 19. Jahrhunderts sehr hart bestraft. Bis 1861 stand auf homosexuelle Handlungen zwischen Männern die Todesstrafe, danach wurde die Strafe auf lebenslange Haft oder Zwangsarbeit geändert. Berühmtestes Beispiel ist der Fall des irischen Schriftstellers Oscar Wilde, der 1895 wegen seiner Affäre mit einem Adeligen zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Erst 1967 wurde Homosexualität in England und Wales nicht mehr unter Strafe gestellt. Anfang des 19. Jahrhunderts war es also noch verpönt, schwul zu sein, aber davon ist hier nichts zu spüren, denn die beiden haben kein Problem damit, sich gegenseitig zu zeigen, wie sehr sie sich lieben. Es gibt keine Spur von Zurückhaltung oder Bedenken.

Wenn man über die Schwächen hinwegsieht, ist das Buch dennoch ein schöner Fantasyroman, den man aufgrund seiner Kurzweiligkeit gut zwischendurch lesen kann. Wer schon immer mal eine queere Geistergeschichte lesen wollte, ist hier genau richtig!

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