Frank Schätzing: Der Schwarm [Rezension]

Buchinformationen

TitelDer Schwarm
BandEinzelband
AutorFrank Schätzing
VerlagS. Fischer Verlage
Übersetzung
ISBN978-3-596-16453-0
Seitenzahl992
GenreThriller, Science-Fiction, Suspense
Bewertung4 von 5 Sterne

Klappentext

Vor Peru verschwindet ein Fischer. Spurlos. Norwegische Ölbohrexperten stoßen auf merkwürdige Organismen, die Hunderte Quadratkilometer Meeresboden in Besitz genommen haben. Währenddessen geht mit den Walen entlang der Küste British Columbias eine unheimliche Veränderung vor. Nichts von alledem scheint miteinander in Zusammenhang zu stehen. Doch Sigur Johanson, Biologe und Schöngeist, glaubt nicht an Zufälle. Auch der indianische Walforscher Leon Anawak gelangt zu beunruhigenden Schlüssen: Eine Katastrophe kündigt sich an. Die Suche nach dem Urheber konfrontiert die Forscher mit ihren schlimmsten Albträumen.

Meine Meinung

„Der Schwarm“ ist ein Science-Fiction-Thriller, der die Menschheit vor eine existenzielle Bedrohung stellt: Eine unbekannte, intelligente Lebensform aus den Tiefen des Meeres wehrt sich gegen die Ausbeutung und Zerstörung ihres Lebensraums. Der Roman stammt aus der Feder von Frank Schätzing.

Thriller sind nicht gerade mein Wohlfühlgenre, aber dieses Buch hat mich spontan angesprochen, nicht zuletzt, weil ich schon viel davon gehört hatte, es mittlerweile auch eine (sehr schlecht gemachte) Verfilmung gibt und ich mich hin und wieder gerne mit Weltuntergangsszenarien beschäftige. Mit entsprechend niedrigen Erwartungen ging ich also an den Suspense-Thriller heran.

Der Schreibstil Schätzings ist geprägt von seinem Interesse an wissenschaftlichen und politischen Themen. Er verbindet wissenschaftliche Fakten mit fiktiven Elementen zu einem spannenden und vielschichtigen Szenario, das den Leser in Atem hält. Allerdings neigt er auch zum Schwadronieren, was manche Passagen ungemein zäh und langweilig macht und mich schlichtweg genervt hat. Das Buch hätte um einiges kürzer sein können, wenn nicht ständig mit Filler-Szenen gearbeitet oder manche Szenen einfach kompakter gestaltet worden wären. Das hätte das Buch auch insgesamt leserfreundlicher gemacht. Es ist aufgrund der Komplexität des Themas ohnehin schon eine anspruchsvolle Lektüre, da muss man es nicht noch schwieriger machen.

Die Spannung des Romans baut sich Stück für Stück auf und stagniert vor allem gegen Ende der Abschnitte. Es ist, als würde ständig etwas unter der Oberfläche brodeln – was ich sehr passend finde, schließlich geht es um eine Bedrohung in den Tiefen des Meeres – und dann und wann ausbrechen. Die Spannungsspitzen rollen quasi wie Wellen an und brechen sich an der Küste.

Die Geschichte ist in mehrere Teile gegliedert und wechselt von Kapitel zu Kapitel die Perspektive. Der erste Teil handelt von Leon Anawak, einem Intelligenzforscher, der sich auf die Kommunikation von Walen spezialisiert hat, und Sigur Johansen, einem norwegischen Meeresbiologen, und wie sie die Anomalien vor der Küste Vancouvers und in der Nordsee untersuchen.

Die Figuren sind mir insgesamt viel zu unpersönlich, allein schon dadurch, dass die Figuren nie mit Vornamen angesprochen werden, sondern jeder nur mit jeweiligem Nachnamen. So ist Leon Anawak die ganze Zeit nur Anawak, während Sigur Johansen einfach nur Johansen ist, egal wie nah sich die Figuren stehen. Man erfährt viel über das, was sie tun, und zum Teil auch über die Vergangenheit einiger von ihnen, aber es ist nicht genug, um sich wirklich mit ihnen verbunden zu fühlen oder über den Tod der Charaktere schockiert und emotional mitgerissen zu sein. Man baut so wenig Bindung auf, dass es einem am Ende völlig egal ist, ob jemand stirbt. Das mag Absicht sein, schließlich ist es ein Katastrophenroman, aber es hätte viel mehr Wirkung gehabt, wenn man mehr mit den Figuren mitfühlen würde. Man wäre einfach emotional viel stärker involviert. Die einzigen zwei Figuren, mit denen ich wirklich mehr mitfühlen konnte, waren Anawak und Johansen, aber die sind sowieso sehr, sehr wichtig für das Buch und deshalb wurden sie natürlich auch mehr beleuchtet.

Typisch für einen Katastrophenroman werden in dem Buch einige gesellschaftliche Dinge kritisiert. Neben Korruption, Vertuschung und Militarisierung spielt auch die Ethik eine wichtige Rolle. Zentrales Thema ist jedoch die Ausbeutung und Zerstörung der Meere durch den Menschen. Schätzing zeigt sehr deutlich, wie die Gier des Menschen nach Ressourcen, Macht und Profit das natürliche Gleichgewicht des Ökosystems gefährdet und eine existenzielle Bedrohung für die Menschheit schafft. Er stellt die Frage, ob der Mensch das Recht hat, über die Meere zu herrschen und andere Lebensformen zu ignorieren oder gar zu vernichten.

„Der Schwarm“ ist definitiv keine leichte Lektüre, die man mal eben so liest. Man muss als Leser schon ein gewisses Interesse und Verständnis für wissenschaftliche, vor allem naturwissenschaftliche Themen mitbringen und viel Aufmerksamkeit und Konzentration für die komplexe Handlung aufbringen. Sonst ist man schnell aus dem Buch raus. Für mich war das kein Problem, nicht zuletzt deshalb, weil ich parallel zu diesem Buch noch einen Roman gelesen habe, der viel einfacher geschrieben war, und da war es dann doch nicht so viel auf einmal.

Obwohl Thriller nicht mein Lieblingsgenre ist, hat mir dieser sehr gut gefallen. Es gibt zwar einige Punkte, die mich gestört haben, aber das kann auch einfach daran liegen, dass ich definitiv nicht die richtige Zielgruppe bin. Alles in allem halte ich das Buch aber für lesenswert, vor allem wenn man sich für die Kernthemen begeistern kann und nicht vor dem Umfang und der Komplexität der Lektüre zurückschreckt.

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